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Helmut Caspar
»... eine Zierde des neuen Jahrhunderts«

Medaillen feiern das neue preußische Königshaus

Vor 300 Jahren mühte sich der brandenburgische Kurfürst Friedrich III. (1657–1713), seit 1688 Nachfolger des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm (1620–1688), bei Kaiser Leopold I. (1658–1705) in Wien und anderen gekrönten Häuptern um eine Standeserhöhung – die Königskrone – und damit um größere Anerkennung im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation. Dazu setzte er alle verfügbaren diplomatischen Mittel, aber auch die Lieferung von Soldaten und nicht zuletzt Geschenke an Höflinge und Minister ein. Bei seinem Begehren wußte der prestigebewußte Brandenburger klug die Schwierigkeiten für sich zu nutzen, denen sich das Reichsoberhaupt am Vorabend des Spanischen Erbfolgekrieges gegenübersah.
     Wünsche barocker Herrscher nach Königskronen und anderen Standeserhöhungen waren nicht ungewöhnlich und lagen im Trend. Kurfürst Friedrich August I. von Sachsen (1670–1733), besser bekannt als August der Starke, war schon seit 1697 König von Polen, Jahre später wurde ein hannöverscher

Kurfürst König von England. Und auch der Herzog von Savoyen schmückte sich mit der Königskrone von Sardinien.
     Für den an der Seite seiner klugen Gemahlin Sophie Charlotte (1668–1705) kulturell interessierten und als Mäzen der Wissenschaften und Künste agierenden, als Kriegsheld aber unbedeutenden Kurfürsten von Brandenburg besaß die Erlangung der mit dem ehemaligen Ordensland Preußen verbundene königliche »Dignität« (Würde) große Bedeutung. »Die Aufrichtung des neuen preußischen Königreichs ist eine der größten Begebenheiten dieser Zeit«, schrieb der Philosoph und Polyhistor Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716), auf den die Gründung der Berliner Akademie der Wissenschaften zurückgeht. Das preußische Königreich sei eine Zierde des neuen Jahrhunderts, »so sich mit dieser Erhöhung angefangen und ihm mit einem so herrlichen Eingange sich gleichsam zu dauerhaftem Glück verbindet«.

Histoire métallique

Im Stil der Zeit wurde jede politische Maßnahme von einigem Rang auch durch Medaillen gefeiert. Frankreich hatte mit dieser ehernen Dokumentation den Anfang gemacht, als es die Taten (und Untaten) des Sonnenkönigs Ludwig XIV. durch eine »Histoire métallique« verherrlichte. In Kurbrandenburg, das sich gerade von den

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Folgen des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) auch mit Hilfe von ins Land geholten Holländern und französischen Hugenotten erholte, ging es wesentlich bescheidener zu, und so zählen diesbezügliche Medaillen zu den großen numismatischen Raritäten des Landes. Dies gilt sowohl für die Prägungen anläßlich von Kriegszügen und Familienereignissen, aber auch zur Erinnerung an die Gründung der Akademien der Künste (1697) und der Wissenschaften (1700) sowie der Universität Halle (1694). Großer Wert wurde auf die Verherrlichung der Bautätigkeit des prachtliebenden Herrschers gelegt.
     Der Berliner Hofmedailleur Raimund Faltz (1658–1703) hat eine Serie herrlicher Gepräge geschaffen, auf denen Bauten wie die in Stein neuerrichtete Lange Brücke, die Schleuse sowie der Hetzgarten beim Schloß und die gesamte Stadt aus der Vogelperspektive dargestellt sind. Eine von dem Gothaer Stempelschneider Christian Wermuth geschaffene Medaille zeigt das Schloß, wie es nach Plänen von Andreas Schlüter (um 1660–1714) barockrepräsentativ um- und ausgebaut werden sollte. Jedesmal erscheint auf der Vorderseite das perückenbewehrte Bildnis des Herrschers, dessen vergoldetes Porträt noch heute über dem Portal des Berliner Zeughauses prangt beziehungsweise den von Andreas Schlüter geschaffenen Prunksarg des 1713 verstorbenen Herrschers im Berliner Dom schmückt.
Großer Aufwand wurde mit Medaillen getrieben, als Friedrich III. am 18. Januar 1701 als König Friedrich I. in Preußen den Thron bestieg. Die für Friedrich so wichtige Standeserhöhung bezog sich nicht auf das Kurfürstentum Brandenburg, sondern auf das ehemalige Ordensland Preußen, das außerhalb des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation lag. Deshalb wurde die Zeremonie auch nicht in Berlin, sondern im fernen Königsberg, der Hauptstadt des mit Brandenburg verbundenen souveränen Herzogtums Preußen, vollzogen. Hier hatte Friedrich III. im Jahre 1657 das Licht der Welt erblickt. In Erinnerung an dieses durch zahlreiche datierte und undatierte Medaillen gefeierte Ereignis – durch das die bis dato Kurbrandenburgischen Lande nun zu 187;Königlich- preußischen« wurden – hat sich 160 Jahre später der preußische König Wilhelm I. (1797–1888) am gleichen Ort die Königskrone aufs Haupt gesetzt und dies ebenfalls durch Medaillen sowie durch einen in großer Auflage hergestellten Krönungstaler von 1861 gefeiert, auf dem das Herrscherpaar im Schmucke der königlichen Insignien dargestellt ist.

Krönung in Königsberg

Nachdem Friedrich III. im Winter 1700/01 auf beschwerlichem Weg nach Königsberg gekommen war, setzte er sich – und diese Reihenfolge ist wichtig – im Beisein seiner

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Friedrich I. auf einer Medaille von Raimund Faltz, Stich aus »Leben und Thaten Herrn Friedrichs des Ersten« von Ch. H. Gütther
Familie und engsten Vertrauten am 18. Januar 1701 im Schloß die brillantbesetzte Königskrone auf. Die von seinen Beratern verlangte Salbung erfolgte anschließend in der benachbarten Schloßkirche, denn nur gesalbte Könige durften nach damaliger Auffassung den Titel »Sacra Majestas« tragen und sich als »vornehme und rechte« Könige betrachten im Gegensatz zu »gemeinen«, also ungesalbten Königen.1) Es bedurfte einiger Überzeugungskraft, Friedrich von der Notwendigkeit dieser Salbung zu überzeugen, nicht zuletzt um Schwierigkeiten in Wien zu vermeiden, »da denn der Kayserliche Hoff, wann Er Uns zu chicaniren Lust hätte«. Mit der Abfolge Selbstkrönung und Salbung wollte der dem reformierten (also nicht lutheranischen!) Glaubensbekenntnis verpflichtete Hohenzoller ausdrücken, daß er die preußische Krone nur Gott und sich selbst und seinem Verdienst verdankt. Dieses Gottesgnadentum wird auf zahlreichen Medaillen und Münzen dokumentiert. Die Krönungsmedaillen von 1701 verherrlichen den König als »mächtigen Herrscher mehrerer Provinzen in Deutschland«, der den Aufstieg des Hauses Brandenburg bewirkt und seinen Ruhm
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und sein Ansehen wiederhergestellt hat.
     Wie durch Chroniken und eine 29teilige Kupferstichfolge überliefert ist, in der Stecher Johann Georg Wolffgang die feierliche Prozession am Krönungstag mit dem König in der Mitte sowie alle Krönungshandlungen mit viel Liebe zum Detail darstellte, hat es auch eine »Auswerffung der Königl. Preussischen Krönungs Müntzen und Preisgebung des Tuchs« gegeben. Letzteres bezog sich auf die Verteilung des Stoffbelags, auf dem die Teilnehmer der Prozession entlangliefen. Die ausgeworfenen Silber- und Goldmedaillen (Münzen werden es wohl kaum gewesen sein) zeigen das Bildnis des Königs sowie eine Krone, verbunden mit der Inschrift, daß König Friedrich am 18. Januar 1701 in Königsberg gesalbt wurde. Auf einem anderen Blatt ist der thronende König als Stifter des Hohen Ordens vom Schwarzen Adler im Kreise der ersten Ritter dargestellt.
     Der gestickte Stern sowie das orangefarbige Band samt anhängendem Kleinod erscheinen ebenfalls auf Medaillen und den seltenen Ordenstalern Friedrichs I., der mit der Stiftung solcher Auszeichnungen bereits Übung hatte, denn schon als Kurprinz hatte er den Orden de la générosité gegründet und ihm Statuten gegeben. Der 1667 gestiftete Orden wurde von Friedrich II. in den bis zum Ende des Ersten Weltkriegs verliehenen Militärorden Pour le Mérite umgewandelt.
     Für Medailleure und Stempelschneider war die Krönung eine willkommene Gelegenheit,
den ganzen Prunk barocker Emblematik und Porträtkunst zu entfalten. Mit und ohne offiziellen Auftrag stellten sie metallene Elogen her, die an Mitglieder der königlichen Familie, an Höflinge und auswärtige Fürstlichkeiten verschenkt wurden und, in schwerem Gold geprägt, auch als eine Art Kapitalanlage anzusehen sind. Im ersten Band seines Katalogs »Die Medaillen der Kurfürsten und Könige von Brandenburg- Preußen« hat Günther Brockmann die prächtige, mit Wappenschildern und Insignien, allegorischen Figuren und sinnigen Sprüchen geschmückten Medaillen zusammengestellt.2)

Jubelfeiern 1801 und 1901

Bliebe noch zu sagen, daß die Hohenzollern die Einhundert- und Zweihundertjahrfeier des Erwerbs der Königskrone durch Medaillen und – im Jahre 1901 – auch durch offizielle Gedenkmünzen zu fünf und zwei Mark verherrlicht haben. Der Direktor des Berliner Münzkabinetts, Julius Menadier (1854–1939), brachte zur Zweihundertjahrfeier 1901 ein Prachtwerk über die Medaillen der Hohenzollern heraus, in dem natürlich auch die Krönungsprägungen von 1701 verzeichnet sind. Die Darstellung königlicher Vorfahren in trauter Gemeinschaft mit dem regierenden Herrscher König Friedrich Wilhelm III. (1770–1840), 1801, beziehungsweise Kaiser Wilhelm II.

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(1859–1941), 1901, sollte Kontinuität unterstreichen. Familienintern allerdings hatte man bei den Hohenzollern und in der damaligen Geschichtsschreibung keine gute Meinung vom ersten preußischen König. Friedrich der Große (1712–1786) faßte die negativen Stimmen über seinen Großvater mit den Worten zusammen, die Pracht, die Friedrich I. liebte, sei die »Verschwendung eines eitlen und Geld verprassenden Fürsten« gewesen. »Verdient Friedrich I. Lob, so ist es dafür, daß er seine Staaten immer in Frieden erhielt, indes die benachbarten durch Krieg verheert wurden; daß sein Herz von Natur gut war und, wenn man will, daß er die eheliche Treue nie verletzte. Mit einem Worte, er war in kleinen Dingen groß, aber in großen klein; und es ist sein Mißgeschick, daß er in der Geschichte zwischen einem Vater und einem Sohn steht, die ihn durch größere Talente ganz verdunkeln.« Schon vor seiner spektakulären und übrigens auch sehr teuren Standeserhöhung hatte Kurfürst Friedrich III. großen Wert darauf gelegt, daß seine Bautätigkeit in Berlin auch auf Medaillen dargestellt wird. Hier tat sich Raimund Faltz, der auch etliche Krönungsmedaillen

Medaille von Daniel Friedrich Loos von 1801 auf die Jahrhundertfeier der »Erhebung« Preußens mit den Bildnissen der ersten fünf Könige
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Silbernes Fünfmarkstück von 1901 mit den Bildnissen Friedrichs I. und Kaiser Wilhelms II.
schuf, mit sehr schönen und in der Wiedergabe auch recht präzisen Arbeiten hervor. Das Berliner Münzkabinett besitzt neben den Prägungen aus unterschiedlichen Metallen auch 31 Modelle aus weißem und blaßrosa Wachs und einige Stempel dieses bedeutenden Meisters der Gravierkunst. Der als Medailleur, Wachsbossierer, Elfenbeinschnitzer und Miniaturenmaler vielseitig tätige Faltz, der seit 1688 in brandenburgischen Diensten stand, hat wesentlich das Bild des barocken Brandenburg- Preußen und seiner Dynastie um 1700 geprägt. Unter dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm (1620–1688) und seinen Nachfolgern entstanden außerhalb der von einem Festungskranz umgebenen Doppelstadt Berlin-Cölln einige Vorstädte auf gerastertem Grundriß. Noch heute ist dieses Muster im Straßenbild zu erkennen. Großartige Neubauten wie das Zeughaus sowie das barock umgebaute Schloß, die Errichtung des Reiterstandbildes des Großen Kurfürsten auf der Langen Brücke, aber auch die Anlage der Straße Unter den Linden, ferner der – 1706 eingestürzte – »Münzturm« als Teil des Schlosses sowie Adelspaläste und
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Stadttore und der mit Figuren bestückte Lustgarten und nicht zuletzt der Neu- oder Umbau von Schlössern im Umland (Charlottenburg, Potsdam, Niederschönhausen, Oranienburg usw.) sind Zeugen für den Willen Friedrichs III./I., aus dem provinziellen Berlin ein »Spree-Athen« und darüber hinaus aus Kurbrandenburg ein Land zu machen, von dem die Welt spricht. Die Förderung der Künste und Wissenschaften durch Gründung von zwei Akademien kurz vor der Annahme des Königstitels, die Anstellung bedeutender Gelehrter, Architekten, Maler, Bildhauer und – im Falle von Faltz – auch Medailleure und die Anlage von Bücher-, Kunst- und Kuriositätensammlungen mit einem reichen Bestand an antiken Münzen sowie kostbaren Medaillen dienten diesem Ziel.

Schmückt und vergrößert

Wie Berlin damals ausgesehen hat, wie die Stadt gegliedert und von Wasser durchzogen war, zeigt eine berühmte Faltz-Medaille aus dem Jahre 1700. Sie feiert den Kurfürsten als einen Monarchen, der die Stadt »schmückt und vergrößert«, so die Inschrift auf der Rückseite. Deutlich ist auf diesem Prachtstück zu erkennen, daß die Schwesterstädte nur durch zwei Brücken – im Süden den Mühlendamm und ein paar hundert Meter weiter nördlich die Lange Brücke – verbunden sind. Faltz hat sich genau an großen in

Kupfer gestochenen Plänen orientiert, doch wie wunderbar und gültig hat er die Vogelschau in ein Rund von 66 Millimeter gebracht. Noch heute kann man wesentliche Örtlichkeiten erkennen, etwa den Schloßbereich mit Lustgarten und seinen ornamental angelegten Beeten, die verwinkelten Wohnquartiere in Berlin und Cölln, mehrere Kirchen, die gezackte Stadtmauer, die mit erheblichen Kosten unter dem Großen Kurfürsten angelegt, doch bald schon wieder abgetragen worden ist, weil sie militärisch wenig Nutzen brachte. Sodann erkennt man den Friedrichswerder, die Dorotheenstadt und die Friedrichstadt und unter der Inschrift »ORNAVIT« das damals noch unbebaute Areal, auf dem heute die Museumsinsel steht.
     Der vor 300 Jahren allgemein bewunderte Bau der eingangs erwähnten Langen Brücke wurde von Friedrich III. als so wichtig erachtet, daß er 1692 anläßlich der Grundsteinlegung eine Medaille mit seinem Bildnis auf der Vorderseite und der Brückenansicht auf der Rückseite prägen ließ. Faltz zeigt, daß der »Zum öffentlichen Nutzen und zum Glanz der Stadt« errichtete Weg über die Spree reichen figürlichen Schmuck besaß.
     In der Mitte erhebt sich Andreas Schlüters Reitermonument des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm, das 1692 noch nicht existierte. Das Denkmal wurde im Jahr 1700 in einem Stück von dem Berliner Kanonen- und Bildgießer Johann Jacobi (1664–1725)
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Medaille von Raimund Faltz aus dem Jahre 1700 mit der Ansicht Berlins aus der Vogelperspektive (Rückseite)
gegossen und 1703 auf der Langen Brücke aufgestellt. Der wie ein römischer Imperator kostümierte Große Kurfürst, zu dessen Füßen vier angekettete Sklaven um Gnade bitten, bleibt auf seinem jetzigen Standort, dem Ehrenhof des Charlottenburger Schlosses.

Ideal und Realität

Die Brückenmedaille von 1692 ist die einzige Prägung, die das noch als Renaissancepalast mit vielen filigranen Treppentürmen und spitzen Dächern gestaltete Berliner Schloß vor dem Umbau durch Andreas Schlüter

und andere Architekten zeigt. Eine von Christian Wermuth (1661–1739) geschaffene Medaille von 1704 auf die Erweiterung des Schlosses ist eine an einen Stich von 1698 angelehnte Idealdarstellung des später von Schlüter erweiterten und an drei Seiten mit einer einheitlichen Fassade versehenen Schlosses. Die vierte, zur Spree gelegene Front behielt bis zur Beseitigung der Kriegsruine im Jahre 1950 im wesentlichen ihre burgenartige Gestalt aus der Zeit vor dem barocken Umbau. Wermuths den König als »Wiederhersteller des Berliner Schlosses« feiernde Medaille zeigt, daß
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Friedrich I. am Charlottenburger Tor, ein Werk von Heinrich Baucke aus dem frühen 20. Jahrhundert

vieles, was der Schloßbaumeister und Bildhauer Schlüter plante, nicht oder anders verwirklicht wurde. So erhielt das Schloß erst Mitte des 19. Jahrhunderts eine Kuppel, während auf Wermuths Medaille noch ein kleiner Turm mit oben abgerundeten Öffnungen sowie Figuren auf der Balustrade zu erkennen sind. Auch der reiche Vasen- und Figurenschmuck wurde nicht verwirklicht. Deutlich sind auf der Medaille die beiden Schloßhöfe, die abgerundeten Vorsprünge und die prächtigen Portale. Eines dieser säulen- und figurengeschmückten Portale hat sich als Architekturschmuck in der Fassade des Staatsratsgebäudes Schloßplatz 1, zur Zeit provisorischer Sitz des Bundeskanzlers, erhalten. Nach dem Thronwechsel von 1713 wurde unter dem Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. das Geld für »Lange Kerls« gebraucht, und der Schloßbau kam ins Stocken. Der neue König ließ schwere Goldmedaillen dem Münzkabinett entnehmen und zur Gewinnung kuranten Geldes einschmelzen.
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Berühmtes Reiterdenkmal

Neben den Medaillen anläßlich der Grundsteinlegung für die neue Lange Brücke und der Ansicht Berlins aus der Vogelschau hat Faltz weitere Prägestücke geschaffen, so die stadtgeschichtlich interessante Medaille von 1694 auf den Bau des Hetzgartens, die als »Arena für die Abhaltung von Jagden zur Belustigung der Öffentlichkeit« vorgestellt wird, und zum Bau der Berliner Schleuse von 1694. Auch hier wird der Kurfürst als Bauherr verherrlicht, der eine »hölzerne Schleuse vorfand und eine steinerne hinterließ«. Eine weitere Medaille von Gabriel Leclerc auf die Grundsteinlegung der Parochialkirche von 1695 zeigt das Gotteshaus, bei dessen ursprünglichen –nicht verwirklichten – Entwurf die starke Ähnlichkeit mit der späteren Hedwigskirche auf dem Opernplatz (Bebelplatz) auffällt, während Christian Wermuths Medaillen auf die von Friedrich III. gegründete Akademie der Künste aus dem Jahr 1701 hinter einer Allegorie das Akademiegebäude zeigen soll. Die 1703 von Nikolaus Chevalier (?–1720) geschaffene Medaille zur Errichtung des Denkmals des Großen Kurfürsten auf der Langen Brücke zeigt zwar das Porträt des »großen königlichen Sohns«, leider aber nicht das Denkmal. Statt dessen feiert die lange lateinische Inschrift das dritte Jahr der »durch Freude und wahrhaft königliche Pracht ausgezeichneten Regierung«

Friedrichs I., erwähnt aber nicht den Schöpfer des berühmten Monuments, das zum Prototyp weiterer Reiterdenkmäler der Barockzeit wurde. Im frühen 20. Jahrhundert wurde das Königspaar Friedrich I. und Sophie Charlotte, die das Modell ihres Schlosses Charlottenburg in Händen hält, durch aufwendige Bronzeskulpturen am Charlottenburger Tor (Straße des 17. Juni) verherrlicht.

Quellen:
1     Siehe Via Regia – Preußens Weg zur Krone, Katalog einer Ausstellung des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz, Duncker & Humblot, Berlin 1998
2     Siehe Günther Brockmann, Die Medaillen der Kurfürsten und Könige von Brandenburg- Preußen, Bd. 1 – Die Medaillen Joachim I. – Friedrich Wilhelm I. 1499–1740, Köln 1994, Nr. 366; Julius Menadier, Die Schaumünzen des Hauses Hohenzollern, Berlin 1901, Nr. 204; Fritz Taute, Berlin und seine Bauten auf Denkmünzen von Raimund Faltz von 1692 bis 1700, in: Berliner Numismatische Zeitschrift, Nr. 28 (1966), S. 88–91

Fotos: Autor, Repro des Stichs aus: Christian Heinrich Gütther »Leben und Thaten Herrn Friedrichs des Ersten«, Breslau 1750

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