Ledigenheim der Volkshotel AG

Ledigenheim (ehem.)
Charlottenburg,
Danckelmannstraße 46/47.

Dia-Serie Ledigenheim der Volkshotel AG Ledigenheim (ehem.) Am 1.4.1908 wurde in dem heutigen Studentenheim das erste deutsche Arbeiterwohnheim eröffnet, das seinen Bewohnern anstelle der üblichen Unterbringung in kargen Schlafsälen den Luxus von Einzelzimmern bot. Der Architekt und Stadtbaurat Rudolf Walter (1888-1971), baute dieses fünfgeschossigen "Hotel" für Arbeiter, Angestellte und Handwerker. Mit dem Projekt versuchten die Charlottenburger Stadtväter dem damaligen "Übelstand" des so genannten Schlafgängerwesens exemplarisch entgegenzuwirken. Allein in Charlottenburg gab es seinerzeit etwa 8 000 Schlafburschen, meist junge Arbeiter, die wegen der immensen Wohnungsnot und ihres geringen Einkommens nur Bettstellen als Übernachtungsmöglichkeit anmieten konnten. Von bürgerlichen Reformern wurden diese "Schlafgänger" für die verheerende Überbelegung vieler Arbeiterwohnungen und für die Zerstörung der Familie verantwortlich gemacht. Das Ledigenheim in der Danckelmannstraße besaß Modellcharakter als Versuch, diesen Übelstand zu mindern. Es bot einen hotelähnlichen Komfort und Service. In ihm gab es u. a. eine Volksbücherei, Volksbadeanstalt und Volksspeisehalle, zudem drei Geschäfte, die zur Rentabilität beitragen sollten. Träger des Heims war die 1905 gegründete "Volkshotel AG Ledigenheim". Von ihren 41 Aktionären gehörten 22 dem Charlottenburger Magistrat bzw. der Stadtverordnetenversammlung an. Bis zu 370 Männer lebten in den bescheidenen, sechs m² großen Einzelzimmern des Wohnheim, das wegen des rigorosen Zutrittsverbots für Frauen in der Nachbarschaft "Bullenkloster" genannt wurde. Entgegen vieler Besorgnisse der Anwohner war der Ruf des Ledigenheimes solide und gut. Während der Weimarer Republik kam es allerdings zu heftigen Mieterunruhen. Im Sommer 1930 protestierten die Bewohner gegen die rigide Hausordnung und den mittlerweile schlechten baulichen Zustand des Hauses. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg war das Ledigenheim voll besetzt, geriet aber bald in den Ruf einer ausgesprochenen Notunterkunft. Als Ende der 1960er Jahre die Wohnungsnot beendet war, standen immer mehr Zimmer des Heimes leer. 1971 löste sich die "Volkshotel AG Ledigenheim" auf und verkaufte das Haus an die Gewobag, die es 1973 schloss und von 1977 bis 1979 umbaute. Die Außenfassade des denkmalgeschützten Hauses wurde originalgetreu rekonstruiert und saniert. Im Gebäude war das Frauenforschungs-, bildungs- und informationszentrum e.V. (FFBIZ) mit dem ersten und bestandsgrößten Archiv der neuen Frauenbewegung in Deutschland untergebracht. Heute ist das Haus ein Studentenwohnheim des Studentenwerks Berlin mit 154 Einzelzimmern.
Quellen: Charlottenburg.de, Denkmalliste Berlin 2003

 

© Edition Luisenstadt, 2005    Stand: 3. Jan. 2005
Berliner Bezirkslexikon, Charlottenburg-Wilmersdorf
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