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Hainer Weißpflug
Vom Victoriapark bis zum Märkischen Museum Berliner Stadtrat und Heimatforscher Ernst August Friedel wurde am 23. Juni 1837 als Sohn des Privatgelehrten Dr. Carl
Gottlob Friedel geboren. Sein Vater betrieb in der Friedrichstraße 141 b, wo die
Familie später auch wohnte, eine
Erziehungsanstalt für junge Leute aus den höheren Ständen |
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Ernst Friedel | ||||||||||
Prüfung zum Gerichtsassessor ernannt.
1869 schließlich, inzwischen Königlicher
Kreisrichter, war er als Einzelrichter der
Königlichen Kreisgerichtskommission
Köpenick tätig.
Im Dezember 1872 von der Berliner Stadtverordnetenversammlung auf 12 Jahre zum besoldeten Stadtrat (ab Februar 1873) gewählt, wurde er im Juni 1884 auf weitere 12 Jahre im Amte bestätigt. Während seiner Amtszeit nahm er regen Einfluß auf die Stadtentwicklung. In der Bau-, der Park- und der Armendeputation, als Stellvertreter | ||||||||||
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des Oberbürgermeisters für
Straßenbau- polizei-Angelegenheiten und als Dezernent
im Archiv-, Bibliotheks- und Museumswesen arbeitete er mit großem Engagement. 1874 ernannte der Oberbürgermeister
Arthur Hobrecht (1824–1912) Friedel zum Vorsitzenden der Kommission für die
Einrichtung und Verwaltung der Berliner
Volksbibliotheken.
Als Stadtrat lagen ihm besonders die Verschönerung des Stadtbildes und die Schaffung von Grünanlagen am Herzen. Auf Friedels Vorschläge geht die gärtnerische Gestaltung verschiedener Plätze – z. B. des Lützowplatzes, des Arkonaplatzes, des Teutoburger Platzes oder des Hansaplatzes – und Straßen zurück; auch der Kleine Tiergarten und der Köllnische Park entstanden dank seiner Anregung. Ebenso beförderte Friedel die Schaffung der großen Volksparkanlagen Humboldthain im Wedding und Victoriapark in Kreuzberg. In einer 1884 veröffentlichten Schrift »Erläuterungen betreffend die Herstellung des Parks auf dem Kreuzberg« befürwortete er dessen Anlage auf der Nordseite des Kreuzberges und unterbreitete Vorschläge zur Gartenarchitektur, die in den Jahren 1888–1893 durch den Garten-Direktor Herrmann Mächtig (1837–1909) verwirklicht wurden und zu der typischen Parklandschaft mit ihren Schluchten, Baumpartien und dem Wasserfall führte. Schließlich verdankt Berlin Friedel auch | die Umgestaltung der Rehberge. In
seinem Aufsatz »Der Park von Berlin N. Ein Zukunftsbild.«, erschienen in der
Zeitschrift »Der Bär« (25. Jg. 1899), schilderte
Friedel die Verwandlung der ehemals bewaldeten Dünenzüge im Norden Berlins in
regelrechte Sandwüsten: »Der Volksausdruck
>Berliner Schnee<, womit das Treiben des
Flugsandes gemeint wird, schreibt sich von den Rehbergen her.« Weiter schrieb er, daß es
ein dankenswerter Beschluß einer großen
Zahl angesehener Stadtverordneter sei, die sogenannten Wurzelberge zu einem öffentlichen Park auszugestalten. Friedel riet, eine städtische Müll- und
Dungablagerung in der Nähe zur Befestigung der
Sanddünen und zur Verbesserung des Bodens zu nutzen.
Optimistisch rechnete er mit ersten Pflanzungen im »ersten Jahr des
hereinbrechenden 20. Jahrhunderts«. Offenbar
entstand durch diese Initiative der
Stadtverordneten und Friedels der zwischen 1909 und 1913
geschaffene Schillerpark.
Auf einen Vorschlag Friedels geht auch die Entstehung des Friedhofs in Berlin-Friedrichsfelde zurück. Der Magistrat von Berlin setzte 1875 eine Kommission unter Vorsitz seines Stadtrates E. A. Friedel für die Schaffung eines »Central-Friedhofes« ein. Hierzu wurde das Gelände des heutigen Friedhofs Friedrichsfelde an der Gudrunstraße ausgewählt und vom Gartendirektor Herrmann Mächtig gemeinsam mit dem Gartenarchitekten Axel Fintelmann gestaltet. | |||
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1881 wurde der Friedhof als städtische
Begräbnisstätte für jedermann,
unabhängig von Rang und Konfession, eingeweiht.
Als Ernst Friedel am 10. 3. 1918 verstarb, wurde er in der Mitte des damaligen Friedhofs vor einem mächtigen Granitstein beerdigt, wie Friedrich Solger 1937 in
Erinnerung zum 100. Geburtstag Friedels in der
»Brandenburgia« schrieb. Seine Grabstelle lag neben der des Schriftstellers und Publizisten Julius Rodenberg (1831–1914); beide
Gräber wurden 1973 ohne Grund eingeebnet und
verwilderten.1)
Die Beschäftigung mit der Geschichte Berlins und der Mark lag Friedel besonders am Herzen. So nimmt es nicht wunder, daß er Vorsitzender des Vereins für die Geschichte Berlins war, dem Ausschuß der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Vorgeschichte und der entsprechenden Deutschen Gesellschaft angehörte, Mitglied des Vereins für die Geschichte der Mark und der Berliner Gesellschaft für Erdkunde war. Friedel hatte bei seinen Wanderungen und Reisen durch Berlin und die Mark alles gesammelt und aufgezeichnet, was der Erforschung der Ur- und Frühgeschichte seiner Heimat dienen könnte. Bei diesen Unternehmungen verfolgte er den Gedanken, seine Sammlung später der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Er benutzte seine Stellung als Stadtrat und überzeugte die Behörden davon, eine städtische Sammlung Berliner und Brandenburgischer Alter- | tümer einzurichten.
Oberbürgermeister Hobrecht, der Kämmerer Runge, die
Stadträte Löwe und Streckfuß, der
Stadtverordnetenvorsteher Kochhann sowie die
Stadtverordneten Virchow, Hermes, Pflug und Kürten unterstützten Friedels Vorhaben.
Am 9. Oktober 1874 genehmigte die Stadtverordnetenversammlung den Friedelschen »Organisationsplan für ein Märkisches Provinzialmuseum«. Friedels Idee war, ein Heimatmuseum für Berlin und Brandenburg zu schaffen, das den Berlinern, den Märkern und ihren Gästen Einblick in die Geschichte der Stadt, des Landes und der Menschen geben sollte. Den Grundstock des Museums bildete seine eigene Sammlung. Sie wurde zunächst im Berliner Rathaus untergebracht. Im März 1875 erließ Friedel einen Aufruf, in dem er um Unterstützung für das neue Museum bat. Der Aufruf hatte Erfolg. Zahlreiche Zuwendungen beförderten die Einrichtung des Museums. Aber es dauerte noch viele Jahre, bis das Märkische Museum ein eigenes Haus erhielt. Die Sammlung war von 1875–1880 im Podewilschen Palais untergebracht, kam dann ins alte Köllnische Rathaus, und im Sommer 1899 befand sie sich in einem Markthallenbau in der Zimmerstraße. Von 1886 bis 1908 wurde am Köllnischen Park ein eigenes Gebäude für das Museum errichtet. Anläßlich des 70. Geburtstages Ernst Friedels schrieb der damalige Direktor des Märkischen Museums Albert | |||||
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Kiekebusch (1870–1935) in einer
Festschrift der Zeitschrift »Brandenburgia«:
»Die Sammlungen des Museums werden ... erkennen lassen, daß das Märkische
Museum das Lebenswerk eines Mannes ist, der, von der Liebe zur märkischen Heimat erfüllt, eine bedeutende Arbeitskraft in
den Dienst dieses Unternehmens gestellt hat und nie müde
geworden ist, zum Nutzen des Instituts zu arbeiten, zu sammeln und zu
forschen.«2)
Die mit der Museumsidee verbundene Aufgabe der Heimatforschung war nach Friedels Meinung mit der reinen Geschichtsforschung nicht lösbar. Er strebte eine enge Verbindung zwischen der Geschichtsforschung und der naturwissenschaftlich orientierten Ur- und Frühgeschichtsforschung an. Weder der Verein für die Geschichte Berlins noch die Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Vorgeschichte erfüllten diese Voraussetzungen. So begann Friedel zunächst mit einer Gruppe von Museumsenthusiasten Exkursionen und Ausgrabungen in Berlin und der Mark durchzuführen. Schließlich |
gründete er 1892 die »Brandenburgia« mit dem Ziel, eine Gesellschaft zu schaffen, die Heimatkunde betreibt, indem sie die Kenntnisse über den Boden und die Landschaft, über die Tier- und Pflanzenwelt mit der Geschichte und Vorgeschichte ihrer Bewohner, den Traditionen und Bräuchen verbindet und den Menschen nahebringt. Friedel selbst war ein Mann, der Geschichte und Naturforschung, sachliche Beobachtung und emotionale Bewertung miteinander vereinte. Der Aufbau seines Museums erforderte zunächst die Sammlung jener Objekte, die durch Korrosion und die Entwicklung der Stadt gefährdet waren. Deshalb legte er größten Wert auf archäologische Grabungen in Berlin und der Mark sowie eine sorgfältige Einordnung der Funde. Seine zahlreichen Schriften auf dem Gebiet der Altertums- und Völkerkunde belegen dies. 1880 veröffentlichte er den Beitrag »Vorgeschichtliche Funde aus Berlin und Umgebung«.3) Einleitend schrieb Friedel hier: »Eine erschöpfende Mittheilung der vorgeschichtlichen Funde von Berlin und Umgegend, welche für den Anthro- | |||
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pologen und Ethnologen, den
Altertums- und Geschichtsforscher bei der
Bedeutung unserer Stadt von nicht zu
unterschätzendem Werthe ist, fehlt bisher ... Obwohl
nun die vorliegende Arbeit erheblich vollständiger ist, kann sie unmöglich
erschöpfend sein ... und betitelt sich ... nur: Funde
aus Berlin und Umgegend.« Wiederholt wird darin auf Friedels Grabungen und
Funde verwiesen, wie beispielsweise in folgender Passage: »Hamburger Bahnhof: Herr
Friedel legte ein aus einem Geschiebe (nicht
Flint)4) gefertigtes Steinbeil mit dem
dazugehörigen Reste der Holzschäftung vor
...«5) Weitere Belege für die intensive Forschungsarbeit auf diesem Gebiet sind u. a.
nachfolgende Schriften: 1878 »Die Stein-, Bronze- und Eisenzeit in der Mark Brandenburg«,
1882 »Die deutsche Kaiserstadt Berlin.
Stadtgeschichten, Sehens- und Wissenswertes aus der Reichshauptstadt und deren
Umgebung« und 1884 »Vorgeschichtliche Ortskunde
der Kreise Angermünde und Arnswalde, Provinz Brandenburg« (Festschrift zum
zehnjährigen Bestehen des Märkischen
Provinzialmuseums). In den letzten Jahren seines
Lebens leitete er die Herausgabe der
»Landeskunde der Provinz Brandenburg«.
Neben seiner Vorliebe für archäologische Forschungen befaßte sich Friedel auch mit der Tierwelt Berlins und der Mark. Zusammen mit dem Ornithologen Carl August Bolle (1821–1909) gab er 1886 »Die Wirbeltiere der Provinz Brandenburg« als Fest | schrift der 59. Versammlung der
deutschen Naturforscher und Ärtzte zu Berlin
heraus. Neben anderen sind darin 278 heimische Brutvogelarten beschrieben. Der
Ornithologe Hermann Schalow (1852–1925) verweist in den »Beiträgen zur Vogelf.
Brandenburgs« auf 15 avifaunistische (vogelkundliche) Mitteilungen Friedels über die Beobachtung von Vogelarten in Berlin und
Brandenburg.
Friedel war ein vielseitig und engagiert wirkender Berliner Kommunalpolitiker und Heimatforscher. Für seine Leistungen wurde er im Dezember 1880 mit dem Rothen Adlerorden 4. Klasse geehrt und 1894 zum Geheimen Rat ernannt. Heute erinnert lediglich eine Straße in Neukölln an Ernst Friedel. Sie erhielt diesen Namen bereits 1895 und gehörte damals noch zur selbständigen Landgemeinde Rixdorf. Quellen und Anmerkungen:
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© Edition Luisenstadt, 1998
www.luise-berlin.de