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Erika Endesfelder
Schon mit sechzehn hatte er das Demotische entziffert

Der Ägyptologe Heinrich Brugsch (1827–1894)

Heinrich Ferdinand Karl Brugsch war in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts einer der produktivsten und innovativsten Ägyptologen. Wenngleich sein Leben in sehr unruhigen Bahnen verlief, er oft über längere Zeit im Ausland tätig war und es ihm nicht gelang, sich in Berlin eine dauerhafte und gesicherte wissenschaftliche Position zu verschaffen, sah er die Stadt, in der er geboren wurde und in der er 67jährig auch sterben sollte, als seine eigentliche Heimat an.
     Er kam am 18. Februar 1827 als Sohn eines Wachtmeisters in der Ulanenkaserne Friedrichstraße Ecke Weidendammer Brücke zur Welt und wurde siebenjährig in das Französische Gymnasium eingeschult. Brugsch gehörte offenbar zu den Kindern, die wir heute als hochbegabt bezeichnen würden. Er kam in der Schule nicht zurecht, und auch nach einer Umschulung in das Köllnische Realgymnasium war er in den

Heinrich Brugsch
unteren Klassen noch ein schlechter Schüler. Zum Ausgleich für seine schulischen Mißerfolge begann er, sich für das Alte Ägypten zu interessieren, wurde ein ständiger Besucher des Ägyptischen Museums und erregte schließlich auch die Aufmerksamkeit von dessen Direktor Giuseppe Passalacqua (1797–1865; BM 1/96). Dieser fand Gefallen an dem interessierten Jungen, und er führte ihn in die Geheimnisse der von ihm verwalteten Schätze ein, so gut
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das beim damaligen Stand der Erkenntnisse möglich war.
     Brugsch hatten es besonders die demotischen Papyri angetan, mit denen er sich wieder und wieder beschäftigte, bis er schon als 16jähriger Gymnasiast das Demotische im wesentlichen entziffert und die Skizze einer Grammatik entworfen hatte. Passalacqua, der selbst am Demotischen arbeitete, war auf die Leistung seines jungen Schützlings so stolz, daß er ihn Alexander von Humboldt (1769–1859; BM 6/92) vorstellte, dessen Bereitschaft, junge wissenschaftliche Talente zu fördern, weithin bekannt war und mit dem er in losem Kontakt stand, seit er (Passalacqua) anläßlich des Ankaufs seiner Sammlung von Aegyptiaca 1828 zum Direktor des Ägyptischen Museums auf Lebenszeit bestellt worden war. Humboldt war von der Leistung des jungen Brugsch beeindruckt, fühlte sich jedoch mit einer exakten wissenschaftlichen Bewertung überfordert. Beflügelt von seinem Erfolg, richtete Brugsch mit Unterstützung von Passalacqua ein Bittgesuch an den preußischen König Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861; König 1840–1858) um finanzielle Unterstützung für den Ankauf der ägyptologischen Bibliothek des frühverstorbenen Julius Ludwig Ideler (1809–1842), Privatdozent an der Philosophischen Fakultät der Berliner Universität. Mit einem Gutachten zu diesem Gesuch wurde Richard Lepsius (1810–1884; BM 4/96) als neu berufener
Ordinarius für Ägyptologie beauftragt. Er kam jedoch nach Prüfung der Arbeiten von Brugsch und Rücksprache mit dessen Schuldirektor zu dem Ergebnis, daß er ein durchaus mittelmäßiger Schüler sei, der sich besser auf sein bevorstehendes Abitur konzentrieren solle, dessen ägyptologische Kenntnisse gering seien und eher auf Einbildung beruhen. Das Gesuch wurde daraufhin abgelehnt. Aber Humboldt, der offenbar das Urteil von Lepsius nicht teilte, ließ nun die von Brugsch vorgelegte Arbeit am Demotischen auf eigene Kosten drucken und versenden, um die Kritik der ausländischen Fachgelehrten einzuholen. Und diese Kritik kam nicht nur prompt, sondern sie fiel auch äußerst positiv aus, so daß sich nun Humboldt seinerseits beim König für ein auf drei Jahre bemessenes Stipendium für ein Studium von Brugsch an der Berliner Universität im Fach Ägyptologie verwendete, das auch bewilligt wurde. Allerdings war Brugsch damit in die ernsthafte und bitterböse Kontroverse zwischen Lepsius und Passalacqua geraten, die sein Leben noch viele Jahre lang überschatten sollte, ein Konflikt, in dem ihm jedoch Humboldt vermittelnd zur Seite stand.
     Nachdem Brugsch im März 1848 das Abitur bestanden hatte, immatrikulierte er sich an der Berliner Universität, wurde jedoch bereits aus dem ersten »Publicum«, der Vorlesung, die jeder Professor halten mußte und die allen Studenten der Univer-
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sität offenstand, von Lepsius mit herben Worten des Raumes verwiesen, ein Eklat, der so unbegründet war, daß Brugsch die Fakultät veranlaßte, gegen ihr eigenes Mitglied und zugunsten des Gemaßregelten Stellung zu beziehen. In seiner durch das königliche Stipendium auf drei Jahre begrenzten Studienzeit nahm Brugsch auch an den Lehrveranstaltungen anderer bekannter Professoren teil, wie Franz Bopp (1791–1867), Karl Lachmann (1793–1850), Moritz Haupt (1808–1874), Karl Ritter (1779–1859), Karl-Otto von Raumer (1805–1859) und August Böckh (1785–1867), bei letzterem war er auch für ein Jahr studentische Hilfskraft. Die Beziehungen zu Richard Lepsius scheinen sich in dieser Zeit nur unwesentlich verbessert zu haben, denn zunächst lehnte Lepsius die Promotion von Brugsch ab, die dieser mit der Arbeit »de natura et indole linguae popularis Aegyptiorum« zu erlangen suchte, stimmte dann aber doch zu, so daß Brugsch im Sommer 1851 termingemäß promovieren konnte.
     Noch vor dem Ende seiner Studienzeit unternahm er durch Empfehlung von Humboldt und mit finanzieller Unterstützung des preußischen Königs Studienreisen nach Paris, Leiden und Turin, die ihn mit den führenden althistorisch tätigen bzw. interessierten Gelehrten und den Beständen der großen dortigen Sammlungen bekannt machten und ihm Gelegenheit boten, kleinere Artikel zu publizieren.
Aber nach Auslaufen des königlichen Stipendiums fand er sich, ungeachtet seines neuerworbenen Doktortitels, ohne entsprechende Anstellung und ohne festes Einkommen. In dieser Situation ging er auf das ausgezeichnet dotierte und zu damaliger Zeit nicht unübliche Angebot ein, für mehrere Jungen moldauischer Grundbesitzerfamilien, die in Berlin eine deutsche Erziehung genießen sollten, Mentor und Hausvater zu sein. Um die Vorbedingungen zu erfüllen, heiratete er sogar. Allerdings überforderten ihn die erzieherischen Aufgaben entschieden, und er gab diese Tätigkeit und damit auch das schöne Einkommen und die geräumige Wohnung nach einem Jahr wieder auf. Durch die Vermittlung Humboldts bewilligte der preußische König 1 500 Taler für eine einjährige Studienreise nach Ägypten, die nach einem Jahr nochmals um die gleiche Summe aufgestockt wurden. Von dieser Zeit verbrachte Brugsch acht Monate bei Auguste Mariette (1821–1881), der an der Freilegung des Serapeums in Sakkara arbeitete, lernte Arabisch und war anschließend mehrere Monate in Luxor, wo er sowohl auf der thebanischen Ostseite als auch auf dem Westufer Tempel, Gräber und Inschriften studierte. Auch unterwegs erhielt er von Humboldt, der sich inzwischen nach Kräften um die Verbesserung der Beziehungen zwischen Brugsch und Lepsius bemüht hatte, Briefe mit Ratschlägen und Mitteilungen. Als er
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schließlich, den Hinweisen Humboldts folgend, auf dem Rückweg über London auch dort die Sammlungen und vor allem Christian Bunsen (1791–1860), den ägypteninteressierten preußischen Gesandten, kennengelernt hatte, in Berlin eintraf, ließ Lepsius die Habilitation Brugschs an der Berliner Universität zu und akzeptierte ihn vom Sommersemester 1855 an als Privatdozent. Auch eine Anstellung als Direktoral-Assistent am Museum wurde mit der Berufung von Lepsius zum Kodirektor der Sammlung möglich, obgleich Humboldt wohl lieber Brugsch anstelle von Lepsius als Mitdirektor Passalacquas im Museum gesehen hätte.
     Allerdings reichten beide Tätigkeiten nicht aus, seine inzwischen sechsköpfige Familie zu ernähren, und Brugsch mußte versuchen, durch populärwissenschaftliche Vorträge, Artikel und Schriften sowie durch Übernahme einer Lehrtätigkeit am Gymnasium seine Einkünfte aufzubessern.
     Ende 1857 lud Auguste Mariette, der inzwischen zum Direktor des neugegründeten ägyptischen Antikendienstes ernannt worden war, seinen Freund Brugsch ein, ihn auf einer Inspektionsreise durch Oberägypten zu begleiten. Humboldt befürwortete die Reise sehr und stattete Brugsch mit einem Empfehlungsschreiben an den ägyptischen Vizekönig Said Pascha aus, das so wirkungsvoll war, daß dieser ihm für seine Arbeiten in Ägypten 20 000 Fr. in Gold über-
reichen ließ. Im Frühjahr 1858 kehrte Brugsch wieder nach Berlin zurück und nahm im Sommersemester seine Lehrveranstaltungen als Privatdozent wieder auf, ebenso wie seine Nebentätigkeiten.
     Ein Jahr später, am 6. Mai 1859, starb der greise Alexander von Humboldt, der bis dahin das wissenschaftliche Leben des jungen Brugsch stets mit seinen Ratschlägen und seinen Empfehlungsschreiben begleitet hatte. Bei der Beerdigung des großen Gelehrten erhielt Brugsch ungeachtet seiner durchaus bekannten engen Beziehungen zu dem Toten und ungeachtet des bemerkenswerten Ansehens, das er durch seine wissenschaftlichen Leistungen inzwischen in der Fachwelt erworben hatte, gemäß seinem offiziellen Status als Privatdozent nur einen Platz ganz am Ende des Trauerzuges. Für Brugsch eine schwere Demütigung.
     Vielleicht war das der Grund dafür, daß er auf das Angebot des zum Ministerresidenten Preußens am persischen Hof bestellten Julius von Minutoli (1805–1860, Sohn des durch seine Reise in Ägypten und seine Sammlung von Aegyptiaca bekannten Johann Heinrich von Minutoli) einging, ihn im Range eines Vizekonsuls nach Teheran zu begleiten. Die Reise wurde im Februar 1860 angetreten, aber die Mission nahm insofern ein schnelles Ende, als Minutoli noch kein Jahr nach Amtsantritt an Cholera starb und die Gesandtschaft beim Re-
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gierungsbeginn Wilhelms I. (1797–1888) im Januar 1862 nach Berlin zurückbeordert wurde.
     Auch ein weiterer Versuch Brugschs, im diplomatischen Dienst Preußens Fuß zu fassen, endete mit einem Desaster. Auf Anregung des Fürsten Pückler-Muskau (1785–1871) erreichte Bismarck (1815–1898), dessen Bekanntschaft Brugsch auf seiner Rückreise von Teheran gemacht hatte, seine Ernennung zum preußischen Vizekonsul in Kairo. Im September 1854 traf Brugsch mit seiner Familie in Kairo ein, aber die Preise für Mieten, Angestellte und Diener waren höher, als es das Gehalt eines preußischen Vizekonsuls gestattete. Dazu kam eine acht Monate währende Choleraepidemie, der auch zahlreiche in Kairo ansässige Deutsche zum Opfer fielen, für deren Bestattung Brugsch Sorge zu tragen hatte, so daß er erhebliche Schulden machte und nach knapp zwei Jahren von diesem Posten zurücktrat. Auf der Rückreise aus Ägypten machte er bei Mariette in Paris Station und hielt dort eine Reihe von Vorträgen über demotische Schrift und Literatur, die so eindrucksvoll waren, daß ihm eine Professur am College de France in Aussicht gestellt wurde, für die allerdings die Annahme der französischen Staatsbürgerschaft Voraussetzung war. Eine Bedingung, auf die er nicht eingehen wollte. Durch Vermittlung von Richard Lepsius wurde Brugsch 1867 als Professor für Ägyptologie an die Univer-
sität Göttingen berufen. Nachdem er kaum in Göttingen Fuß gefaßt hatte, erreichte ihn ein Angebot des ägyptischen Vizekönigs Ismael Pascha, ihn zum Direktor einer neuzugründenden Schule in Kairo zu berufen, an der junge Ägypter in die höhere Bildung und die Ägyptologie eingeführt werden sollten. Brugsch nahm an, ließ sich vom preußischen Unterrichtsministerium für fünf Jahre freistellen, wobei er jedoch in den Sommersemestern während seines Urlaubs einige Blockvorlesungen an der Universität Göttingen halten wollte, und übersiedelte erneut nach Kairo. Die Schule bestand nicht lange, aber Brugsch war inzwischen zum Berater des Vizekönigs avanciert, in den ägyptischen Staatsdienst eingetreten und organisierte und überwachte in dieser Eigenschaft den vielbeachteten ägyptischen Beitrag für die Wiener Weltausstellung 1874. Bald nach dem Staatsbankrott Ägyptens 1876 verließ Brugsch den ägyptischen Staatsdienst, der ihm keine geeigneten Aufgaben mehr bieten konnte, mit einer kleinen Entschädigung.
     Da er die Professur in Göttingen inzwischen aufgegeben hatte, siedelte er sich mit seiner Familie zunächst in Graz an, kehrte dann aber nach Berlin zurück, wo er sich zum zweitenmal an der Universität habilitierte und im Wintersemester 1881/82 wieder Lehrveranstaltungen aufnahm. Ende 1880 war er für kurze Zeit nach Kairo zurückgekehrt, weil sein Freund Mariette
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schwer erkrankt war. Zusammen mit Gaston Maspero (1846–1916) und seinem jüngeren Bruder Emil Brugsch (1842–1930; BM7/98), der bereits seit einigen Jahren zunächst als technischer Assistent, später als Konservator für Mariette am Museum arbeitete, entdeckte er die Inschriften in den Grabkammern einiger Pyramiden des Alten Reiches (Pyramidentexte). Nachdem Mariette am 18. Januar 1881 seinen schweren Leiden endgültig unterlegen war, blieb Brugsch noch für einige Wochen in Ägypten, begleitete den österreichischen Kronprinzen auf einer Reise durch Oberägypten und arbeitete später auch an der Publikation von dessen Reisebericht mit. 1881 wurde ihm der Titel Pascha verliehen. Ob er wirklich gehofft hatte, zum Nachfolger von Mariette in der Leitung des Museums und des Antikendienstes berufen zu werden, wie er 1894 in seinen Lebenserinnerungen schrieb, sei dahingestellt. Ende Dezember 1882 führte er den preußischen Prinzen Friedrich Karl durch Ägypten und begleitete ihn auch auf der weiteren Reise durch Syrien, Griechenland und Italien.
     So unstet und materiell ungesichert das Leben von Brugsch auch verlief, Vorrang besaß für ihn vor allem die Ägyptologie, und seine wissenschaftliche Leistung war enorm. Vieles von seinen überaus zahlreichen Arbeiten blieb über lange Zeit wegweisend. So ermöglichte seine 1855 erschienene »Demotische Grammatik« die Be-
arbeitung der bis dahin unerschlossenen spätzeitlichen Texte säkularen, religiösen und literarischen Inhalts. Ab 1853 erweiterten die Ägyptenaufenthalte auch seine Einsichten in die frühen Perioden des Alten Ägypten, und er erwarb eine phänomenale Kenntnis altägyptischer Denkmäler und Inschriften. 1859 publizierte er erstmals eine »Geschichte des Alten Ägypten«, die nicht primär auf der griechischen Überlieferung beruhte, sondern auf altägyptischen Zeugnissen (eine neue Fassung 1879). Von 1857 bis 1860 erschienen die »Geographischen Inschriften«, ergänzt 1877 durch das »Dictionaire geographique de l'ancienne Egypte«. Sie besaßen, ebenso wie die »Sammlung ägyptischer Monumente« (1862 bis 1885) über viele Jahrzehnte Geltung. 1872 brachte er eine »Hieroglyphische Grammatik« heraus, die wohl ursprünglich für die Studenten seiner Kairoer Schule gedacht war. Eine seiner wichtigsten Arbeiten stellte das »Hieroglyphisch-demotische Wörterbuch« dar, das von 1867 bis 1868 in vier Bänden erschien und zwischen 1880 und 1882 durch drei weitere Bände ergänzt wurde. Es enthielt insgesamt etwa zehntausend Wörter, ein Pensum, dessen Bewältigung für einen einzelnen fast unvorstellbar erscheint.
     1863 begründete er das älteste (und bis heute existierende) ägyptologische Fachorgan, die in Leipzig verlegte »Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskun-
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de«. Auch wenn er ihre Leitung schon 1864 an Lepsius abgab, weil er als preußischer Vizekonsul nach Kairo übersiedelte, blieb er ihr jedoch als Autor mit insgesamt 115 Beiträgen treu.
     Neben seinem wissenschaftlichen Werk, von dem hier nur ein kleiner Ausschnitt genannt werden konnte, verfaßte Brugsch interessante und lebendige Arbeiten für Zeitschriften und als Monographien, durch die er zusätzliche Einkünfte bezog, auf die er ständig angewiesen war. Ein kleiner Katalog, den Brugsch für die Ausstellung der ägyptischen Altertümer des königlichen Museums in Berlin als Student (1850) geschrieben hatte, beeindruckte später noch den Schüler Adolf Erman (1854–1937).
     Als Richard Lepsius im Juli 1884 starb, hoffte der inzwischen 57jährige, international längst neben Lepsius als führender Vertreter der deutschen Ägyptologie anerkannte Heinrich Brugsch, in die ägyptologische Professur oder als Direktor des Ägyptischen Museums berufen zu werden, aber auch diesmal trogen ihn seine Hoffnungen. Beide Positionen wurden dem jüngeren Adolf Erman übertragen.
     Im Herbst 1885 nahm Brugsch nochmals an einer diplomatischen Gesandtschaft nach Persien teil, diesmal als Legationsrat, erkrankte aber schwer, kehrte nach sieben Monaten nach Deutschland zurück, gesundete jedoch wieder völlig. Die Privatspende eines Berliner Bürgers ermöglichte es ihm,
1891 und 1892 noch einmal für kurze Zeit nach Ägypten zu reisen, um Papyri anzukaufen. Auch zwei umfangreiche Arbeiten vollendete er noch in seinen letzten Lebensjahren. 1891 erschien »Die Ägyptologie«, als Beschreibung von Entstehung und Zustand des Faches, und 1894, zunächst als Folge von Fortsetzungen in der »Vossischen Zeitung« veröffentlicht, seine Biographie »Mein Leben und mein Wandern«.
     Am 9. September 1894 starb Heinrich Brugsch in Berlin, der, wie Erman ihn in seinem Nachruf charakterisierte, »letzte bedeutende Vertreter jenes Zeitalters, das die Ägyptologie geschaffen hat«.

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