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Dieter Weigert
Das Theater in der urbanen Wüste

Der Bau der Volksbühne am Bülowplatz

Die Eröffnung

Am 30. Dezember 1914 wurde nach nur zweijähriger Bauzeit das Gebäude der Volksbühne am Bülowplatz der Berliner Öffentlichkeit übergeben. Das Theater war mit der modernsten Technik ausgerüstet, bot fast 2000 Besuchern Platz; sein Bau hatte 4,5 Millionen Mark gekostet. Zur feierlichen Eröffnung war ein Festvortrag des Dramaturgen Julius Bab (1880-1955) und in der Regie von Emil Lessing (1857-1921) Goethes »Götz von Berlichingen« vorgesehen - in den Hauptrollen Rudolf Werner als Götz, Robert Assmann als Kaiser Maximilian und Sofie Betke als Elisabeth. Das Programm war schon gedruckt, da versagte ein Teil der Bühnentechnik - ein Maschinendefekt blockierte die Drehbühne, und es mußte umdisponiert werden.
     Julius Bab konnte seinen Vortrag halten, auf der Bühne aber wurde das 1909 entstandene Lustspiel »Wenn der junge Wein blüht« des norwegischen Autors Björnsterne Björnson (1832-1910) gegeben.

Der Eröffnungsabend der Volksbühne am Bülowplatz verknüpfte anschaulich drei neue Entwicklungen der Berliner Kulturgeschichte: Mit diesem 30. Dezember des Kriegsjahres 1914 endet erstens vorläufig eine Etappe in der Entwicklung der Berliner Innenstadt, zweitens findet eine bedeutende Massenbewegung zur Eigenfinanzierung eines großen Kulturbaus einen krönenden Abschluß, und drittens erreicht die Architekturgeschichte mit diesem ersten Theaterbau der Moderne in Berlin einen zeitweiligen Höhepunkt.

Die städtebauliche Wüste

Die Vollendung des Theaterbaus in der Spandauer Vorstadt wird in seinem städtebaulichen Kontext nur vor dem Hintergrund tiefverwurzelter Gegensätze in der städtischen Bauplanung, im Finanzierungsgeflecht von öffentlichen und privaten Bauten und auch vor dem Hintergrund der Spekulationen im Grundstücksverkehr voll verständlich.
     Beginnen wir mit der Topographie um 1910. Der 1907 als Babelsberger Platz angelegte Bülowplatz befindet sich in der Spandauer Vorstadt, in unmittelbarer Nähe zum ehemaligen Schönhauser Tor. Dieses Gebiet war bis in die 90er Jahre des 19. Jahrhunderts in städtebaulicher Hinsicht eine Besonderheit - mit dem schillernden Begriff »Scheunenviertel« gekennzeichnet, aber nicht eindeutig bestimmt.

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Es war eine heruntergekommene Wohngegend, entstanden aus kleinteiligen Parzellen zur landwirtschaftlichen Nutzung in Größenverhältnissen der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert. Nunmehr war das Gebiet jedoch überlagert durch eine bauliche Verdichtung und einen Bevölkerungszuwachs besonders aus den Jahren seit etwa 1884, dem Beginn der Baumaßnahmen zum Durchbruch der Kaiser-Wilhelm- Straße (heutige Karl-Liebknecht- Straße) zwischen Burgstraße und Neuer Friedrich Straße. Mit diesem Straßendurchbruch waren gezielt nicht nur die engen und die Flüssigkeit des modernen Straßenverkehrs blockierenden Straßen um die Marienkirche (Kleine Burgstraße, Brauhausstraße, Papenstraße) niedergelegt, sondern auch die noch aus der Festungszeit bestehenden Elendsquartiere an der ehemaligen Stadtmauer (»An der Königsmauer«) abgerissen worden.
     Die vertriebenen Bewohner, die Ärmsten der Armen Berlins, Prostituierte, Kleinkriminelle, sozial Gestrandete, ließen sich nur einige hundert Meter weiter nordöstlich nieder, im Gebiet um die Hirtenstraße, und bildeten zusammen mit den bisher Ansässigen und den hauptsächlich aus Galizien einwandernden Juden das Bevölkerungskonglomerat des »Scheunenviertels«. Die Enge der Bebauung, die schmalen Gassen und die Unübersichtlichkeit des Terrains boten einen gewissen Schutz vor staatlicher Kontrolle und Repression, zogen auch wiederum Neuankömmlinge aus diesem Milieu an.

Programmzettel der geplanten Eröffnungsvorstellung
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Magistratsprojekt zur Sanierung des Scheunenviertels
Die Geschichte der städtebaulichen Neugestaltung des Gebietes südlich der Marienkirche in den Jahren bis 1887 liest sich vordergründig wie eine Erfolgsmeldung von Magistrat und Privatgesellschaften: In der neugeschaffenen Straßenflucht zwischen Kaiser-Wilhelm- Brücke (heutige Karl-Liebknecht- Brücke) und Marienkirche, also in unmittelbarer Nachbarschaft zum Schloß, sind prächtige Geschäfts- und Wohnbauten entstanden, die Breite der Straße und ihr geradliniger Verlauf entsprechen den Bedürfnissen des Militärs und des modernen Geschäftslebens, und auch die Weiterführung in Richtung Münzstraße schien gesichert.
     Aber gerade diese erfolgversprechende Weiterführung nach Norden blieb um die Jahrhundertwende stecken. Auch städtische Zuschüsse an die privaten Gesellschaften konnten den Grundstücksspekulanten nicht die Gewinne der 70er und 80er Jahre bieten, so daß sich die Sanierung der Gebiete zwischen Stadtbahn und Lothringer Straße über Jahrzehnte hinschleppte.
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Und so wurde in dieser zweiten Phase des Durchbruchs der Kaiser-Wilhelm- Straße die Sanierung des Scheunenviertels, die Anlage des Babelsberger Platzes und schließlich der Bau der Volksbühne zum Dreh- und Angelpunkt der Stadtentwicklung in der Spandauer Vorstadt. Im Jahre 1902 schließlich genehmigte die Stadtverordnetenversammlung nach Jahren quälender Debatten das Magistratsprojekt zur »Sanierung des Scheunenviertels«.
     Vorgesehen war, daß sich die Kaiser-Wilhelm-Straße mit Erreichung der Hirtenstraße in einen nordwestlichen Verlauf in Richtung Schönhauser Allee und einen nordöstlichen Verlauf in Richtung Prenzlauer Allee teilt. Geplant war damit das Verschwinden der Füsilier-, Amalien- und Koblanckstraße - bekannt aus Heinrich Zilles Skizzenbüchern. Ein neuer Platz sollte entstehen, begrenzt im Norden durch die Linienstraße und im Süden durch die Hirtenstraße.
     Die Niederlegung des Scheunenviertels als erster Schritt der Sanierung wurde bis 1906 realisiert. Der Platz aber inmitten des niedergerissenen Scheunenviertels blieb leer bis 1913. Die Leere und die Bauzäune auf den historischen Fotos symbolisierten das Scheitern der Stadtplanung in diesem Gebiet. Der Versuch, mit der Anlage der Kaiser-Wilhelm- Straße gegen den Trend eine Cityerweiterung nach Osten einzuleiten, muß angesichts der besseren, mit letztlich doch bescheidenen öffentlichen Mitteln nicht kompensierbaren Lagequalitäten im Westen scheitern.1)
Der Wiederaufbau des Gebietes wurde bis in die zwanziger Jahre verschoben - der Bau eines Theaters auf dem Bülowplatz glich einem fast gespenstischen Symbol in der Wüste: Das Gebiet des ehemaligen Scheunenviertels stellt sich für lange Zeit als eine städtebauliche Wüste dar.2)

Die Volksbühnenbewegung

Die Bewegung für ein demokratisches, ein Volkstheater, entsprang aus verschiedenen Quellen: An erster Stelle ist die sozialdemokratisch orientierte Arbeiterbewegung des 19. Jahrhunderts mit ihrem umfassenden Bildungs- und Kulturanspruch zu nennen. Zweitens manifestierte sich in der Volksbühnenbewegung die Forderung der breiten Massen nach einem erschwinglichen Zugang nach Unterhaltung, nach einer engen Verbindung mit der darstellenden Kunst, auch nach Verständlichkeit der dargestellten Stoffe. Schließlich drückte sich in dieser Bewegung auch ein breites politisches Bedürfnis in bürgerlichen und kleinbürgerlichen Kreisen aus, die Kunst für die Durchsetzung politischer Rechte im kaiserlichen Deutschland einzusetzen.
     Ein eigener Theaterverein schien in jenen Jahren die geeignete Lösung zu bieten, um der politischen Zensur zu entgehen, Einfluß auf den Spielplan zu nehmen und einen finanziellen Rahmen zu schaffen, der Arbeitern den Kauf von Eintrittskarten zu erschwinglichen Preisen ermöglichte.

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Dieses gesellschaftliche Anliegen fiel zusammen mit der ästhetischen Neuorientierung, dem Naturalismus, wie er sich vor allem in den Stücken Gerhart Hauptmanns (1862-1946) und Henrik Ibsens (1828-1906) präsentierte.
     Typisch für das Berlin der letzten Jahre des Sozialistengesetzes: Im Diskutierklub mit dem bewußt unscharfen Namen »Alte Tante« wurde die Idee der Bühne für die Arbeiter, der »Volksbühne«, geboren. Am 29. Juli 1890 gründeten dann über 2000 Interessierte im Böhmischen Brauhaus in der Landsberger Allee den Theaterverein »Freie Volksbühne«. Der Vorsitzende, der Publizist Bruno Wille (1860-1928, BM 5/97), hatte einen Kreis Sympathisanten um sich geschart, u. a. Otto Brahm (1856-1912), Wilhelm Bölsche (1861-1939), Julius Hart (1859-1906), Conrad Schmidt (1863-1932). In den ersten Jahren mietete der Verein das Ostend-Theater (später umbenannt in National-Theater), das Belle-Alliance- Theater, das Lessing-Theater, das Wallner-Theater, das Central-Theater. Henrik Ibsen und Gerhart Hauptmann waren die ersten Erfolgsautoren, ihre Stücke entsprachen dem Bedürfnis der Vereinsmitglieder - so die Aufführung der »Weber« von Hauptmann im Oktober 1893 im Walhalla- Theater und im Dezember 1893 im Ostend- Theater. Schon in den ersten Jahren der Existenz des Vereins traten scharfe politische und ästhetische Widersprüche innerhalb des Vereins auf, die schon Ende 1892 zu einer organisatorischen Spaltung führten.
Der bekannte sozialdemokratische Publizist Franz Mehring (1846-1919) wurde zum Vorsitzenden des bisherigen und weiterbestehenden Vereins Freie Volksbühne gewählt, während Bruno Wille und seine Anhänger den Verein Neue Freie Volksbühne gründeten. Der preußische Staat beantwortete die Erfolge der Volksbühnenbewegung durch verstärkte Repression. Im Jahre 1895 mußten beide Vereine ihre Aktivitäten einstellen. Nach einem mühseligen Wiederbeginn 1896/97 unter erschwerten Zensurbedingungen kam mit der Spielzeit 1900/01 der Durchbruch zur Massenbewegung.
     Während in den ersten beiden Jahren die Mitgliederzahl bei etwa 2 500 lag, betrug sie nun über 7500. Der Anstieg der Zuschauerzahlen führte ab 1905/06 zum Projekt eines eigenen Hauses, zur Idee der Unabhängigkeit von den Privattheatern. Der erste Schritt dazu war 1910 die Pacht des ehemaligen Bunten Theaters in der Köpenicker Straße, das im August 1910 als »Neues Volkstheater« unter der künstlerischen Leitung des Regisseurs Adolf Edgar Licho (geb. 1876) eröffnet wurde. Beide Vereine näherten sich in dieser Phase wieder einander an und koordinierten ihre Spiel- und Bauprojekte.3) Der im Jahre 1909 durch den Verein Neue Freie Volksbühne eingerichtete Baufonds konnte 1911 schon über 400000 Mark verfügen, im Jahre 1914 hatte er die Summe von einer Million Mark erreicht.
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Die Volksbühne im Bau, 1913
1911 hatte man den Architekten Oskar Kaufmann (1873-1956) durch Vermittlung Adolf Lichos gewonnen, der die Baupläne für ein neues Theater im Herbst 1911 bei der zuständigen Behörde einreichen konnte. Als Baugrund hatte die Stadt Berlin ein Gelände von 4 564 Quadratmetern auf dem Bülowplatz dem Verein zu günstigen Konditionen verkauft.4) Im Februar 1914 hatten sich beide Vereine schließlich zur Überwindung der Spaltung, zur Schaffung des gemeinsamen »Verbandes der Freien Volksbühnen« entschlossen.
     Der Theaterkritiker Herbert Jhering (1888-1977) nannte in einem Rückblick auf vier Jahrzehnte Volksbühnenbewegung im Jahre 1930 die Volksbühne eine kulturpolitische Leistung ersten Ranges, eine Idee, eine Sammlung, ein geistiges Bollwerk.5)
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Der künstlerische Ausschuß der Volksbühnenleitung hatte im Jahre 1914 den Regisseur Emil Lessing zum künstlerischen Direktor bestimmt.
     Als schon nach kurzer Zeit offensichtlich wurde, daß dies eine Fehlentscheidung war, da der vorsichtige Lessing den Anforderungen an die künstlerische Führung des Hauses nicht entsprach, korrigierte man die Situation durch die Nominierung von Max Reinhardt (1873-1943) zum Intendanten.

Der Architekt Oskar Kaufmann

Im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts erlebte Berlin einen grundlegenden Wandel in der Theaterarchitektur. August Endell (1871-1925) hatte den Anfang gemacht. Aus einem Hofgebäude in der Köpenicker Straße entwarf er im Jahre 1901 für das Varieté »Buntes Theater« des Freiherrn Ernst von Wolzogen (1855-1934) ein dem Genius des Theatermannes entsprechendes Gebäude, das als erster Theaterbau des Jugendstils in die Berliner Architekturgeschichte einging. Auch die in den Jahren 1905/06 folgenden Neubauten der Kammerspiele des Deutschen Theaters, Architekt William Müller (1871-1913), und des Schillertheaters, Architekt Max Littmann (1862-1931), wiesen sichtbare Reformansätze auf. Sie schufen aber noch nicht den allgemeinen Durchbruch zum neuen Theaterkonzept. Mehr dem Traditionellen, Gediegenen verpflichtet zeigten sich das Neue Schauspielhaus am Nollendorfplatz (1906), Architekt Albert Frölich (1876-1953), und das Deutsche Opernhaus in Charlottenburg (1911/12) mit der damals größten Bühne der Welt, Architekt Heinrich Seeling (1852-1932).

Ernüchterung, Enttäuschung angesichts des ästhetischen Konservatismus trafen in der öffentlichen Resonanz auf apologetische Haltungen, in denen sich Verständnis für die materiellen Zwänge und Bewunderung für die technischen Leistungen der Bauten ausdrückte.
     Erst der aus Ungarn stammende, jüngere Architekt Oskar Kaufmann konnte mit den Entwürfen für das Hebbel-Theater (1907/08) die Wende etablieren. Was war das Neue, Epochemachende, das Kaufmann in diesen Jahren an die Spitze der Berliner Theaterarchitekten katapultierte? Es war der Bau der beginnenden Moderne in der Theaterarchitektur, noch konkurrierend mit einzelnen Elementen des Jugendstils und des Rokoko. Das Monumentale der Fassade vereinigt sich mit Schmuckreichtum und Intimität. Die Fachwelt war sich einig: In den Begriffen Wohlabgewogenheit der Baumassen, deren sorgsame Konturierung und logischer Klarheit versuchte man das Neue zu beschreiben. Mit diesem Bau war Kaufmann der >modernste Theaterspezialist<, der um Aufträge nicht mehr zu sorgen brauchte, wie der zeitgenössische Architekturkritiker Hans Schliepmann schrieb.6) Nun war Oskar Kaufmann berufen, den Neubau der Volksbühne zu entwerfen. Schon die Wahl des Standortes wird zum Programm. Nicht die »urbane Enge«7) des zwischen Wohn- und Bürogebäuden eingequetschten, straßenfluchtbezogenen Theaters, sondern der freie Platz wird zum Ort der Bühne: Der Bau der Volksbühne darf als die bei den ganzen Theaterprojekten und -realisierungen vor dem Ersten Weltkrieg gelungenste Umsetzung des platzbezogenen Standorttyps angesehen werden,
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wozu noch der Achsenbezug auf den neuentstandenen Verlauf der damaligen Kaiser-Wilhelm- Straße (heute Rosa-Luxemburg- Straße) gerechnet werden muß.8)
     Die Zeitgenossen waren vom neuen Theater begeistert: Die monumentale Fassade aus Muschelkalkstein verbindet die vertikalen Dominanten mit der gerundeten Eingangssituation. Ränge, Hallen- und Saaldecken sowie das Bühnenhaus waren in Stahlkonstruktion errichtet, die anderen Teile im klassischen Mauerwerk. Stärker noch als am Hebbel-Theater tritt das geschweifte Dach des Vorderhauses als ästhetisches Hauptelement hervor, wird insbesondere das für Kaufmann Typische der nunmehr vollendeten Einheit von Moderne, Jugendstil und Rokoko anstelle einer leeren, rein repräsentativen, höfisch- barocken Monumentalität deutlich.
     Der Zuschauerraum wirkt auch hier intim mit warmer Holztäfelung und einer dreifachen schmalen umlaufenden Ranggestaltung, die dem Grundcharakter des Amphitheaters hier nicht widerspricht. Für den Zuschauerraum und das Foyer wurden kontrapunktisch die Holzarten schwarze Birne, indische Zitrone, Mahagoni, gemaserte Kiefer als Wandtäfelung, Intarsie und Ornament verarbeitet. Leider hat sich die originale Schönheit des Inneraumes bei den Rekonstruktionsarbeiten nach den schweren Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges nicht wiederherstellen lassen.
     Die Bühne hatte eine Höhe von acht Metern, einen Durchmesser von 21 Metern und einen gemauerten Kuppelhorizont. Modernste technische Ausstattung verkörperte vor allem die Einheit von Drehbühne, zwei Seitenbühnen und angrenzenden Magazinen.
Die Zustimmung der Berliner demokratischen Öffentlichkeit zum ästhetischen Konzept des Theaterbaus Oskar Kaufmanns wurde in der Euphorie der revolutionären Jahre 1918/19 durchaus auch politisch erlebt: Ein Bauwerk, gebildet aus neuem, freiem Geist als Symbol einer freien Zukunft.9)

Anmerkungen und Quellen:
1 Harald Bodenschatz, Platz frei für das Neue Berlin. Geschichte der Stadterneuerung seit 1871, Berlin 1987, S. 34f.
2 Ebenda, S. 34
3 Ruth Freydank, Theater in Berlin. Von den Anfängen bis 1945, Berlin 1988, S. 341 ff.
4 Ebenda, S. 350
5 Herbert Jhering, Volksbühne und Weber, in: Herbert Jhering, Theater in Aktion. Kritiken aus drei Jahrzehnten 1913-1933, Berlin 1986, S. 452
6 Berliner Architekturwelt XVII. 1914/15, S. 45
7 Harald Zielske, Thalia in urbaner Enge. Theaterstandorte und Theaterbau in Berlin 1890-1990, in: Erika Fischer-Lichte, Doris Kolesch, Christel Weiler (Hg.), Berliner Theater im 20. Jahrhundert, Berlin 1998, S. 53
8 Ebenda, S. 60
9 Max Osborn, nach Peter Güttler, Opernhäuser und Theater, in: Berlin und seine Bauten, Teil V, Band A Bauten für die Kunst, Berlin München 1983. S. 83

Bildquellen: Archiv Volksbühne, Stadtmuseum Berlin, Archiv des Autors

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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 4/2000
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