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Helmut Caspar
Friedrich Wilhelm kam, sah und siegte

Wie der Große Kurfürst den Sieg von Fehrbellin ausschlachtete

Vor 325 Jahren fand nördlich von Berlin eine wichtige, verlustreiche Schlacht zwischen dem Heer des Kurfürsten von Brandenburg und den Truppen des schwedischen Königs Karl XI. statt, die zuvor brandschatzend durch die Lande gezogen waren und den ganzen Hass der Bevölkerung auf sich gezogen hatten. Diese Schlacht von Fehrbellin am 18. Juni 1675, in der die zahlenmäßig kleinere Streitmacht des Großen Kurfürsten siegte, hatte weit reichende Folgen, denn Schweden war als bedrohlicher Faktor in Norddeutschland ausgeschaltet, und Kurbrandenburg, bisher als märkische Streusandbüchse verlacht, begann im Konzert der Völker und Staaten seinen Part als eine Macht zu spielen, die man ernst nehmen musste. Ein Vierteljahrhundert später setzte sich der Sohn des Siegers von Fehrbellin, Kurfürst Friedrich III., in Königsberg die Krone eines Königs »in« Preußen aufs Haupt.
     Zwei Denkmäler wurden zu Beginn und in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bei Hakenberg in der Nähe des Schlachtfeldes zur Erinnerung an den Waffengang errichtet.

Sie haben alle Stürme der Vergangenheit überstanden und können auch heute besichtigt werden. »Friedrich Wilhelm der Große kam sah und siegte den XVIII Juni MDCLLV« lautet die Inschrift in Anlehnung an einen Julius Caesar zugeschriebenen Spruch auf dem älteren Gedenkstein mit einer Urne obenauf aus der Zeit um 1800, während eine dem Kopf von Schlüters Berliner Reiterdenkmal in Berlin nachempfundene Marmorbüste des Kurfürsten, geschaffen von dem Bildhauer August Wolff, eine innen begehbare Siegessäule schmückt, die 1875 zur Zweihundertjahrfeier der Schlacht errichtet wurde. In der Form ähnelt der Turm der Siegessäule auf dem Großen Stern in Berlin, deren vergoldete Victoria auf der Spitze weithin sichtbar ist. Die ebenfalls mit einer geflügelte Siegesgöttin geschmückte Version bei Hakenberg ist allerdings viel kleiner und weniger aufwändig als das ursprünglich vor dem Berliner Reichstagsgebäude stehende Monument, mit dem König Wilhelm I., der spätere deutsche Kaiser, die preußischen Siege in den Kriegen 1864, 1866 sowie 1870/71 feiern ließ.
     Theodor Fontane hat sich in den »Wanderungen durch die Mark Brandenburg« mit der Frage beschäftigt, wie das Thema Fehrbellin in Sage, Kunst und Dichtung behandelt wurde und dabei auch das Denkmal von 1800 beschrieben, welches 1857 erneuert wurde, und mit der Inschrift »Hier legten die braven Brandenburger den Grund zu Preußens Größe.
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Das Andenken an den Held und seine Getreuen erneuert dankbar mit jedem Freunde des Vaterlands Friedrich Eberhard von Rochow auf Rekahn, 1800« auf den Stifter weist. Dem schlichten Stein stellt Fontane jene Denkmäler gegenüber, »bei deren Errichtung man nicht weiß, wer und was eigentlich verherrlicht werden soll, ob der Held, dem das Denkmal gilt, oder die Zeit, die so erleuchtet ist, jenem Helden ein Monument zu setzen, oder endlich der Künstler selbst, der selber wieder zum Helden wird und gleichsam den Lorbeerkranz von der Stirn seiner eigenen Schöpfung nimmt«. Fontane kannte, als er den Schlachtort besuchte, die erst später errichtete Fehrbelliner Siegessäule zwar noch nicht, hätte sie aber meinen können, denn alle seine kritischen Einwände treffen auf sie zu.
     Ein Sieg dieser Größenordnung, bei dem der ein wenig anmaßende Schlachtruf »In Staub mit allen Feinden Brandenburgs« aus Heinrich von Kleists (1777-1811) Drama über den unbotmäßigen Prinzen von Homburg und seine Nöte mit Friedrich Wilhelm dank großer Tapferkeit der brandenburgischen Söldner und des persönlichen Einsatzes ihres kurfürstlichen Oberbefehlshabers wundersame Wirklichkeit wurde, ist selbstverständlich in der zeitgenössischen Publizistik und späteren Historiografie sowie auf Kupferstichen und

Der Große Kurfürst schaut von der Siegessäule bei Hakenberg im Land Brandenburg auf die Besucher herab

Gemälden, aber auch auf Münzen und Medaillen gefeiert, man kann auch sagen ausgeschlachtet worden.

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Fehrbelliner Siegestaler von 1675 mit reitendem Herrscher und stehender Pax, die das kurbrandenburgische Zepterwappen hält
In allen numismatischen Sammlungen zur Geschichte Brandenburg- Preußens sind die Münzen und die zum Teil sehr qualitätvollen Medaillen von 1675 zu finden, ebenso in Katalogen und Auktionsverzeichnissen.

Vom Rhein in die Mark

Von den Fehrbelliner Siegestalern mit der Jahreszahl 1675 gibt es verschiedene Varianten - einmal mit dem reitenden Kurfürsten, der sich vor der Schlachtenkulisse mit erhobenem Schwert dem Feind entgegen stürzt, sowie einer langen lateinischen Inschrift, die über den Sieg und seine Folgen berichtet. Des weiteren gibt es Taler mit dem reitenden Kurfürsten auf der

Vorderseite und der auf Fehrbellin bezogenen Angabe »Linum 18. Juni 1675« mit einer Friedensgöttin, die das kurbrandenburgische Zepterwappen sowie Lorbeerzweig und Palmenwedel in den Händen hält. Dass verschiedene Stempel geschnitten wurden, die sich in Details wie Stellung des Wappens, Haltung der Personen oder Interpunktion bei den Inschriften unterscheiden, deutet auf eine große Zahl von Gedenkstücken, durch die der Kurfürst verkündete »Ein einziger Friede ist besser als zahlreiche Siege« und sich als großer Triumphator und Kriegsheld in Szene setzte. Die Rückseiteninschrift auf dem Reitertaler kommt in verschiedenen Versionen vor, mal mit unterschiedlich großen Buchstaben, mal mit veränderter Schreibweise.
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Sie besagt in der Übersetzung, das vollständige schwedische Heer, welches die Mark (Brandenburg) und Pommern verwüstete, als der Kurfürst anderenorts, nämlich am Rhein, den Unterdrückten beistand, sei am 18. Juli 1675 allein mit seiner Reiterei und im Glauben an die alleinige Hilfe Gottes bei Fehrbellin geschlagen und erledigt worden. Dann kommt ein Zusatz, der in Schweden viel Unmut hervorgerufen haben soll, so wenigstens berichtet Johann Carl Oelrichs in seinem Buch »Erläutertes Chur- Brandenburgisches Medaillencabinet« (Berlin 1778), das 83 »Gedächtnismünzen« des Großen Kurfürsten wortreich und mit interessanten historischen Anmerkungen sowie zahlreichen Kupferstichen versehen auflistet. Die Klagen der zu Räubern abgestempelten Schweden vor dem Reichstag in Regensburg hätten den Kurfürsten veranlasst, die anstößigen Taler einzuwechseln und zu kassieren. Aber Oelrichs hält dies für ein »Märlein« und weist darauf hin, dass es viel mehr Siegestaler mit dieser Inschrift gibt als andere. Im Übrigen hätten die Schweden 25 Jahre später diesen beleidigenden Ausdruck selbst auf einer Medaille verwendet, auf der sie gegen die Russen als den neuen Feind polemisierten.


Der Tod des Stallmeisters Froben an der Seite des Großen Kurfürsten wird auf mehreren Medaillen dargestellt - hier ein Kupferstich aus Oelrichs Werk über die Gedenkmünzen und -medaillen Friedrich Wihelms von Brandenburg aus dem Jahr 1778
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Opfertod des Stallmeisters

Die von Oelrichs und anderen Autoren erfassten Medaillen entfalten das ganze Repertoire barocker Stempelschneidekunst und Emblematik. Die Medaille bot selbstverständlich mehr künstlerische und technische Entfaltungsmöglichkeiten, vor allem dort, wo sie größer ist als ein gewöhnlicher Taler. So zeigt eine von Johann Höhn († 1693) geschaffene Arbeit die beiden Heere in wohlgeordneter Aufstellung. Im Vordergrund der Große Kurfürst zu Pferde. Neben ihm geht sein Stallmeister Emanuel Froben (1640-1675), der der Sage nach die feindlichen Kugeln auf sich zog, weil er den Schimmel seines Herren ritt, zu Boden und stirbt. In einer Chronik wird davon gesprochen, es sei eine große Gnade Gottes gewesen, dass die Kugel nicht den Kurfürsten, sondern Frobenius, also Froben, traf. Die Inschrift auf der Rückseite wiederholt im wesentlichen, was schon auf den Talern verkündet wurde, allerdings heißt es über die namentlich nicht genannten Schweden in der Übersetzung: »Sie, die sieben Monate lang das Land verwüstet hatten, hat er (der Kurfürst) in sieben Tagen daraus vertrieben.« Weitere Medaillen variieren die Schlachtendarstellung, über der Fama mit dem Bildnis des Siegers schwebt. Der auch später selbst in Schulbüchern erzählte Opfertod des Stallmeisters, wenn er denn einer war, muss die Stempelschneider so fasziniert haben, dass er immer wieder auf den Medaillen dargestellt wurde.

Neben solchen Schlachten- Medaillen feiern auch jetonartige Gepräge den Triumphator von Fehrbellin. Sie zeigen die charakteristischen Gesichtszüge des Kurfürsten mit Lorbeerkranz sowie Victoria mit Flügeln und Lorbeerzweigen, die sich an das Zepterwappen lehnt. Die gleiche Allegorie findet sich auf der Rückseite einer weiteren Bildnismedaille. Die Inschrift in einem Viereck mit eroberten Fahnen und Waffen sowie einem Gefangenen an den Seiten verkündet, dass die Schweden bei Fehrbellin »nur durch die Reiterei« besiegt und in die Flucht geschlagen wurden.

Fotos: Caspar

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© Edition Luisenstadt, Berlinische Monatsschrift Heft 10/2000
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