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über die Eisenbahnstraße zur Spree und zum Bahnhof der Niederschlesisch- Märkischen Eisenbahn (etwa an Stelle des heutigen Hauptbahnhofs gelegen). Ihre Länge betrug 10,7 Kilometer. Der Verbinder wurde zwischen Mai und Oktober 1851 gebaut. Diese kurze Bauzeit war nur möglich, weil die Bahn in einfachster Ausführung direkt auf den damals vorhandenen Straßen errichtet wurde. Die zu überquerenden Wasserläufe wurden mit Drehbrücken versehen, um den Schiffsverkehr zu ermöglichen. Zur Überquerung der Spree in der Nähe der Oberbaumbrücke diente eine eiserne Gitterbrücke mit sechs Öffnungen, und zwar vier feste Öffnungen von je 19,08 Metern lichter Weite, während in der Mitte ein Drehpfeiler mit beweglichem eisernen Überbau zwei Öffnungen von je 8 Metern zum Durchlassen der Schiffe hatte. Diese Brücke diente gleichzeitig dem Fußgängerverkehr zwischen der Luisenstadt und der Mühlenstraße sowie dem Niederschlesisch- Märkischen Bahnhof. Da die ebenerdige Bahn auf den Straßen zu vielen Verkehrsstörungen führte, kam es 1864 zu einer Änderung des Fahrplanes. Da Personen sowieso nicht befördert wurden, durfte nur noch nachts gefahren werden. Das jedoch stieß auf den Protest der anwohnenden Bürger. Die vielen Klagen bewirkten 1871 die völlige Einstellung des Verkehrs auf dem Verbinder, nur die Strecke zwischen dem Niederschlesisch- Märkischen Bahnhof bis zu den Gasanstalten beiderseits
Frank Eberhardt
Eine vergessene Brücke

Zur Geschichte der Brommybrücke

Pausenlos rollen Autos über die wenigen Spreebrücken in Berlin. Der Verkehr ist um ein vielfaches stärker geworden als vor dem Zweiten Weltkrieg. Und doch sind noch nicht alle Brücken wieder errichtet. Beispielsweise die Brommybrücke zwischen Kreuzberg und Friedrichshain.
     Ursprünglich war sie als Eisenbahnbrücke erbaut worden. Der sogenannte Verbinder, die erste 1851 auf Staatskosten errichtete eingleisige Bahnstrecke, sollte die Kopfbahnhöfe der Stadt verbinden, um sowohl Güterals auch Militärtransporte von einem zum anderen Bahnhof zu ermöglichen, ohne die Straßen der Stadt zu stark zu belasten. Die Strecke begann am Stettiner Bahnhof, führte durch die Invalidenstraße zum Hamburger Bahnhof und zog sich dann am Rand des Tiergartens zum Potsdamer und weiter zum Anhalter Bahnhof. Von hier aus verlief sie nach Osten zum Halleschen Tor und weiter längs der damals noch bestehenden Stadtmauer im Süden Berlins (entspricht heute der U-Bahn- Linie 1) bis zum Lausitzer Platz. Hier nach Norden drehend, führte sie

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Gesamtansicht der Brommybrücke
der Prinzenstraße (Siehe BM 4/95, S. 100), heute Freibad und Böcklerpark, und damit auch die Drehbrücke über die Spree blieb für den Transport von Kohlen erhalten.
     1882 wurde dem zunehmenden Fußgängerverkehr dadurch Rechnung getragen, daß durch einen neuen Überbau über die Drehbrücke ein ständiger Verkehr gewährleistet wurde, unabhängig von einem Ausschwenken der Brücke wegen durchfahrender Schiffe. Die Fußgängerbrücke mußte jedoch schon 1893 wegen Baufälligkeit gesperrt und eine neue an ihrer Stelle errichtet werden. Fahrzeugverkehr war jedoch immer noch nicht möglich. Besonders störend für den Schiffsverkehr war der Mittelpfeiler, um den sich die Eisenbahnbrücke drehte. So richtete im September 1906 der »Verein der Dampf-
schiffsführer zu Berlin« einen Antrag an die Königliche Baukommission mit der Bitte, »die Entfernung des Mittelpfeilers der jetzt außer Betrieb stehenden alten Eisenbahndrehbrücke ... recht zu beschleunigen, da derselbe ein unnützes Hindernis für die Schiffahrt ist«. Im vorhergehenden Jahr waren nämlich die Gasanstalten in der Prinzenstraße transportseitig an den Görlitzer Bahnhof angeschlossen und damit die alte Drehbrücke über die Spree von den Kohletransporten befreit worden.
     Nun begann die Projektierung einer neuen, für den Straßenverkehr vorgesehenen Brücke. Eine neue Straße mußte von der Köpenicker Straße zum Spreeübergang durchgebrochen werden, und das erfolgte an der Stelle, wo vorher die Bahnlinie zur
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Eisenbahnstraße verlaufen war. Durch »Allerhöchsten Erlaß vom 15. Juni 1906« erhielt sie noch vor Baubeginn den Namen »Brommybrücke« nach Admiral Brommy (1804–1860). Dieser Karl Rudolf Bromme, genannt Brommy, hatte sich nach dem Besuch einer Navigationsschule zum Steuermann hochgedient und nahm als Kommandant einer Fregatte zwischen 1827 und 1831 am nationalen Befreiungskampf Griechenlands gegen die Türkei teil. Als die Frankfurter Nationalversammlung den Aufbau einer deutschen Reichsflotte beschloß, wurde Brommy mit dieser Aufgabe betraut. Trotz Geldmangel und großer organisatorischer Schwierigkeiten erreichte diese Flotte in kurzer Zeit einen Bestand von neun Kriegsschiffen und 27 Kanonenbooten. Mit dem Zusammenbruch der Frankfurter Reichsregierung wurde 1852 die unter Brommys Befehl stehende Reichsflotte aufgelöst. Brommy war bis zu seinem baldigen Tode noch vorübergehend in österreichischen Diensten.
     Alfred Messel (1853–1909) übernahm die Projektierung der neuen Brücke. Wie auch bei anderen Bauten verwendete er den neuen Werkstoff Beton – hier erstmals in Berlin – für eine Brücke. Der unter Wasser befindliche Teil wurde mit Granit, der über Wasser sichtbare mit Muschelkalk verkleidet. Bauausführender Betrieb war die Firma Dyckerhoff und Wiedmann. Über den seitlich auskragenden Brückenpfeilern erhoben
sich Schutzhäuschen, außerdem erhielt die Brücke plastischen Bildschmuck. Die Eckpfeiler des Geländers wurden mit Plastiken von Ignaz Taschner (1871–1913) verziert, der auch bei den Figuren am Märchenbrunnen im Friedrichshain beteiligt war. Hier schuf Taschner Putten, die auf sagenhaften, fischschwänzigen Tieren saßen, Hund, Löwen, Adler und Widder darstellend.
     Der Bau der Brommybrücke dauerte zwei Jahre. Am 4. Dezember 1909 wurde sie dem Verkehr übergeben. Im Zweiten Weltkrieg wurde auch diese Brücke gesprengt. Hier, wo die Spree zwischen den Bezirken Friedrichshain und Kreuzberg fließt, war eine Verbindung in dem geteilten Berlin nicht erwünscht. So ragt heute noch ein zerstörter Brückenpfeiler aus der Spree und mahnt zum Wiederaufbau.

Bildquelle:
F. Krause/F. Hedde: Die Brückenbauten der Stadt Berlin seit dem Jahre 1897, Berlin 1920

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© Edition Luisenstadt, 1997
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