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lerischen Begabung Mächtigs, der jedoch mehr Autorität und Durchsetzungskraft haben sollte. Für Nachwuchs in diesem Sinne hatte Mächtig bedauerlicherweise nicht gesorgt.1) So ist es kaum verwunderlich, daß selbst im Berliner Stadtarchiv über seinen Nachfolger Albert Brodersen (1857–1930) wenig zu finden ist, obgleich dieser 15 Jahre (1910–1925) Stadtgartendirektor in Berlin war.
     Seine berufliche Ausbildung erhielt er an der königlichen Lehranstalt in Proskau, 1884 bestand er sein Examen als Kgl. Obergärtner in Potsdam-Wildpark und wurde Teilhaber der Landschaftsgärtner-Firma Körner und Brodersen in Steglitz. Zu danken ist ihm unter anderem der Königspark in Guben. Er bereicherte seine Kenntnisse und Erfahrungen auf Studienreisen durch Italien, Frankreich und England. Sein berufliches Interesse galt sowohl der Gartenkunst als auch der Architektur. Seine regen Kontakte zu den Architekten Emanuel und Gabriel von Seidl in München und den Geheimen Bauräten Kaspar von Großheim und March begünstigten seine Entwicklung und seine Perspektive. So war er an der Entstehung der Kleinhaussiedlung »Gronauerwald« bei Bergisch-Gladbach beteiligt und konnte sich später auch Aufträge sichern, die die Bebauungspläne einzelner dortiger Stadtteile betrafen.2)
     1910 fiel die Wahl der Kommune auf Albert Brodersen. Er sollte, obwohl schon 53 Jahre
Hannelore Prüfer
Der Berliner Gartendirektor

Albert Brodersen (1857–1930)

Berlin besitzt mit seinen zahlreichen Gärten und Parks aus über 200jähriger Tradition bedeutsame Zeugnisse historischer Entwicklung. Machte zunächst die Pracht der Schloßparks und -gärten von sich reden, deren Gestaltung und Pflege königlichen Hofgärtnern und Gartenbaumeistern oblag, so setzte Mitte des 19. Jahrhunderts das Bürgertum seine Wünsche und Vorstellungen zunehmend durch. Öffentliches Stadtgrün hieß die Devise. 1870 wurde dem mit der Gründung der »Deputation für die Verwaltung der städtischen Park-, Garten- und Baumanlagen« erstmals Rechnung getragen. Gustav Meyer stand dieser Verwaltung als erster Direktor sieben Jahre vor. Als er 1877 verstarb, nahm sein Meisterschüler Hermann Mächtig (s. BM 5/1996, S. 50 f.) die Stelle als Berliner Gartenbaudirektor ein.
     Nach dem Ableben Hermann Mächtigs schien die Berliner Gartenbauverwaltung in ihren Aktivitäten zunächst stillzustehen. Für die Bewältigung bevorstehender Aufgaben brauchte sie einen Menschen mit der künst-

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alt, als Stadtgartendirektor Mächtigs Nachfolger werden.
     Der Beginn seiner Amtszeit fiel mit den ersten Überlegungen zu einem künftigen Groß-Berlin zusammen. 1909 wurde ein Wettbewerb für die Entwicklung dieses Stadt-Riesen ausgeschrieben, den Zuschlag erhielt der Architekt Herman Jansen. Das die landschaftliche Schönheit der Stadt ausmachende Grün erhielt bei ihm einen gebührenden Platz in der Planung. Die Stadt erwarb zahlreiche Frei- und Grünflächen, darunter auch den ehemals Königlich Botanischen Garten an der Potsdamer Straße.
     Seine Umgestaltung war Brodersens erste Arbeit. Als nächstes übernahm er die Erweiterung des Viktoria-Parks nach eigenen Plänen, da diese – nach Auffassung der Park-Deputation – den Wünschen der Stadt am nächsten kamen.3) Die 15 Jahre seiner Amtszeit erwiesen sich für die Berliner Gartenkunst und Grünplanung als sehr fruchtbar, obwohl die Zeit, in der er wirkte, nicht leicht war, denn die Planung und Durchsetzung der Projekte war von größter Sparsamkeit diktiert. Es entstanden erfreulich viele Spielplätze und Sportanlagen. Den Kleingärten und städtischen Friedhöfen wurde zunehmend Aufmerksamkeit geschenkt. Noch unter seiner Leitung erfolgte die Neuorganisation der Zentralen Gartenverwaltung für Groß-Berlin. Dieser gigantischen Aufgabe widmete sich Albert Brodersen mit der ihm eigenen preußischen
Gründlichkeit. Die nunmehr zentrale Gartendirektion, deren Direktor Brodersen bis 1925 war, gliederte sich in die Bezirksgartenämter mit umfangreichen eigenen Aufgaben und Befugnissen.4) Zwar hatte Brodersens Wirken den Anschein bloßer Beamtentätigkeit, doch seine analytischen und gleichzeitig schlußfolgernden Veröffentlichungen zu den Berliner Parks und Gartenplätzen bereicherten die »Monographie deutscher Städte«.

Quellen:
1     Camillo Karl Schneider: Nachruf für Hermann Mächtig, »Die Gartenkunst«, Jahrgang XI, 1909, Heft 10, S. 182
2     Personalnachrichten, »Die Gartenkunst«, Jahrgang XII, 1910, Heft 2, S. 32
3     Vgl. Dr. Reiner Stürmer: Die historische Entwicklung des Viktoria-Parks, Gartendenkmalpflege Heft 4, Berlin 1992
4     Vgl. Marie-Luise Plessen (Hrsg.): Berlin durch die Blume oder Kraut und Rüben, Berlin 1985, S. 168

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