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wurde deshalb als Tochterinstitution der Akademie der Künste angesehen. Zwischen beiden Einrichtungen gab es enge Verbindungen und fachliche Kooperation; die Lehrer arbeiteten vorwiegend an beiden Akademien.
     So wurde am 21. April 1799 auch in den Räumen der Akademie der Künste, damals im oberen Geschoß des Marstallgebäudes Unter den Linden, Preußens erste Bauschule offiziell eröffnet. Der Unterricht begann jedoch erst am 1. Oktober.
     In der Geschichte des preußischen Bauwesens sollte die neue Bauakademie eine zentrale Rolle spielen. Aber erst 35 Jahre später, nach vierjähriger Bauzeit, konnte das berühmt gewordene Gebäude der Schinkelschen Bauakademie am damaligen Schinkelplatz eingeweiht werden. Karl Friedrich Schinkel (1781–1841) hatte dann dort im oberen Geschoß bis zu seinem Tode seine Dienstwohnung inne.
     Durch einen Erlaß von Friedrich Wilhelm III. erfolgte am 18. März 1799 die Bestätigung zur Einrichtung einer Bauakademie, und schon am 13. April desselben Jahres unterzeichnete er die »Grundsätze zum Betrieb und zur Finanzierung«. Ziel der Anstalt war, so hieß es in der ersten Studienordnung, »daß besonders für das Cameralbauwesen tüchtige und geschickte Baumeister und Baubediente gezogen werden«. Feldmesser und Baufachleute sollten sich nach ihrer Ausbildung nicht ausschließlich
Jutta Schneider
21. April 1799:
Die Bauakademie wird eröffnet

Am 20. April gibt der Staatsminister F. A. von Heinitz eine Pressemeldung mit den Namen der neuberufenen Direktionsmitglieder der Königlichen Bauakademie heraus, die am 25. April von der »Vossischen Zeitung« auf ihrer Titelseite veröffentlicht wird. Es sind dies der Königliche Geheime Oberbaurath Friedrich Becherer (1746–1823), die Geheimen Bauräthe David Friedrich Gilly (1748–1808), Johann Albert Eitelwein (1764–1849) und Heinrich Karl Riedel (1756–1820). Sie wurden zu Mitgliedern der Akademie der Künste und deren Senat ernannt, »damit sie gemeinschaftlich, sowohl zum Besten der mit der Akademie der bildenden Künste in Verbindung bleibenden Bauakademie wirken, als auch besonders nach der ausdrücklichen Vorschrift Seiner Majestät des Königs bei der Vervollkommnung und Erweiterung der Provincialkunstschulen für Baubediente, Bau- und andere Handwerker der Akademie der Künste desto besser in die Hand arbeiten können«. Becherer war bis dahin Direktor der »Architektonischen Lehranstalt« an der Kunstakademie, die als Vorläufer der Bauakademie gilt. Diese

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auf Prachtbauten verstehen, sondern öffentlichen Bauten, Wohnhäusern und gewerklichen Bauwerken größere Aufmerksamkeit schenken. 1802 bemerkte der König hierzu: »... nie zu vergessen, daß praktische Baubedienstete und keine Professoren in der Akademie gezogen werden sollen«.
     Ein jährlicher Fonds von 20 000 Reichsthalern wurde zur Finanzierung der neuen Schule festgesetzt. Er sollte durch Unterrichtsgelder und die Zuwendung von einem Prozent der im »Oberbau-Departement« eingehenden Prüfgebühren aus allen Provinzen aufgebracht werden. Da die Schule zunächst kein eigenes Haus hatte, nutzte sie im ersten Jahr die Räume der Preußischen Akademie der Künste. Im Unterschied zur Gewerbe- und Bergakademie mußten die Bauzöglinge ein »Matrikel« mit zehn Talern erwerben und für jedes Kolleg ein festgesetztes Honorar entrichten. Im Alter von 15 Jahren konnten die Schüler ihre Ausbildung beginnen, für das Fach Freies Handzeichnen genügte ein Eintrittsalter von 12 Jahren. Wer aufgenommen werden wollte, hatte außerdem eine leserliche Handschrift, Aufsatzschreiben, Grundlagen in lateinischer und französischer Sprache und »herkömmliches Rechnen«, welches im gemeinen Leben vorkommt, nachzuweisen.
     Jedes Jahr sollten öffentliche Prüfungen stattfinden und Fähigkeitsatteste ohne besondere Benotung erteilt werden. Für das Studium eines »Baukünstlers« wurden zwei
einhalb Jahre veranschlagt, für das eines Feldmessers nur eineinhalb Jahre. Wer beide Studiengänge belegte, studierte vier Jahre. Der Unterricht begann meist um 8.00 Uhr und endete nachmittags um 16.00 Uhr, Sonnabende eingeschlossen. Die erste Studienordnung deutet darauf hin, daß man zunächst ein Provisorium schaffen wollte, um genügend Erfahrungen sammeln zu können. Überliefert ist die Zahl der Wochenstunden für 14 Fächer in den Wintermonaten und 7 Fächer in den Sommermonaten. 21 Stunden in der Woche waren allein für architektonische und Maschinenzeichnung vorgesehen. Leider gibt es kaum Angaben über die Studentenzahlen der ersten Jahre. In der Literatur werden für das Jahr 1800 etwa zehn zahlende und einige nichtzahlende Studenten angegeben. In den Sommersemestern zwischen 1801 und 1804 waren zwischen 50 und 60 Hörer eingeschrieben, in den Wintermonaten etwa die doppelte Anzahl. Zu den ersten Schülern gehörte Schinkel. 1798 hatte er den jungen Friedrich Gilly (1772–1800), 1799 Lehrer an der Bauakademie, kennengelernt, von dem er nun noch ein Jahr bis zu dessen Tod unterrichtet wurde. Schinkel konnte aus privaten Gründen sein Studium nicht abschließen, erhielt aber den Auftrag, alle von Gilly begonnenen Privatbauten zu vollenden. Obwohl er nie offizieller Lehrer an der Bauakademie gewesen ist, wird er dennoch durch seine Wirkung und sein Werk als prominen-
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tester Ausbilder jener Zeit angesehen. Zu den bekanntesten und später berühmt gewordenen Absolventen der Bauakademie gehörten der Bildhauer Reinhold Begas (1831–1911), der Berliner Stadtbaurat und Ehrenbürger der Stadt, Ludwig Hoffmann (1852–1932), und Gustav Lilienthal (1849–1933). Im Jahre 1800 erfolgte der Umzug in das Gebäude der Alten Münze am Werderschen Markt. Heinrich Gentz (1766–1811), selbst Lehrer an der Bauakademie, hatte das attraktive Gebäude von 1798 bis 1800 erbaut. Sechs Jahre später zog man wieder um; diesmal in das Gebäude des ehemaligen Kreisgerichtes in der Charlottenstraße Ecke Zimmerstraße. Es wurde im Volksmund nach seinem Erbauer als »Haus des starken Mannes« bezeichnet. Gemeint war damit der Freiherr von Eckenberg, der durch seine artistischen Kraftakte in Deutschland bekannt geworden ist. Hier blieb die Schule bis zur Fertigstellung der Schinkelschen Bauakademie 1835. Am 12. Februar 1903 wurde durch das Kuratorium der Königlichen Bauakademie nach Ablauf der »Probezeit« eine neue Deklaration über die künftige Studienorganisation festgeschrieben. Der Lehrstoff blieb im wesentlichen erhalten.
     Die Geschichte der Bauakademie ist, nicht zuletzt durch die Gründung der Berliner Universität und durch die enge Bindung an die Akademie der Künste, von verschiedensten Reformen und Reorganisationen und
von häufigem Führungswechsel geprägt. Nach 1810 wurden die beiden Akademien in Personalunion geführt. Direktoren der Bauakademie waren viele Jahre der Maler Johann Christoph Frisch (1738–1815; Direktor von 1809–1815) und der Hofbildhauer Johann Gottfried Schadow (1764–1850; Direktor 1816–1824). Erst 1823 wurde durch eine Kabinettsorder die endgültige Trennung der beiden Akademien verfügt. Dennoch ging die Zahl der Studenten von 99 im Jahre 1831/32 auf 43 Hörer in den Jahren 1844/45 zurück. In jenen Jahren amtierte der so verdienstvolle »Vater der Ingenieure« Christian P. W. Beuth (1783–1853) als Direktor. Sein strenges Leitungssystem, basierend auf einer 23jährigen Erfahrung an der Spitze der Gewerbeakademie, stieß bald auf Kritik. Als Beuth 1845 alle Ämter niederlegte, übernahm Adolph von Pommeresche (1804–1871) das Direktorat. Eine beachtliche Entwicklung der Studentenzahlen wird in den Jahren nach 1848 überliefert; mit 1 085 erreichte sie 1876/77 einen Höhepunkt. 1879 wurde die Bauakademie mit der 1821 gegründeten Gewerbeakademie zur Königlich Technischen Hochschule, einem Vorläufer der Technischen Hochschule, vereinigt.
     In seinem Buch »Ingenieure aus Berlin. 300 Jahre technisches Schulwesen« hat Hans-Joachim Wefeld eine ausführliche Dokumentation und Geschichte der Berliner Bauakademie veröffentlicht. Sie ist auch wesentliche Quelle dieses Beitrages.
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