LINDENFORUM
UNTER DEN LINDEN

Dia-Serie Lindenforum

Die 1390 m lange und 60 m breite Straße U. ist - neben FriedrichstraßeFriedrichstraße und KurfürstendammKurfürstendamm - die bekannteste Straße Berlins. Sie erstreckt sich zwischen der Schloßbrücke (einst Hundebrücke und Marx-Engels-Brücke) und Brandenburger
        TorBrandenburger Tor. "Bedeutende Baudenkmäler aus dem 18. und 19. Jh. machen sie zu einer architektonischen Sehenswürdigkeit ersten Ranges." (WOLTERSTÄDT, K. 1985). Zwischen dem Bebelplatz Bebelplatz und dem Brandenburger Tor besteht sie aus einer vierfachen Allee von Linden mit breiter Mittelpromenade, rechts und links flankiert von Fahrstraßen.

Die Allee U. erlangte erst nach den ersten
        Stadterweiterungenersten Stadterweiterungen Alt-BerlinsAlt-Berlins ihre Bedeutung. Ihre Anfänge gehen ins letzte Drittel des 16. Jh. zurück, als 1573 ein kurfürstlicher Reit- und Jagdweg angelegt wurde, der vom Schloß über eine hölzerne Zugbrücke, die sog. Hundebrücke (die spätere SchloßbrückeSchloßbrücke), in den 1527 angelegten kurfürstlichen Tiergarten führte. 1647 ließ Kurfürst Friedrich Wilhelm Friedrich Wilhelm(1620-1688, Kfst. ab 1640 Friedrich Wilhelm) diesen Reitweg befestigen und 1 000 Linden und Nußbäume in sechs Reihen anpflanzen, die bis 1820 mehrmals auf vier Reihen reduziert wurden. Durch den Bau der FestungsanlageFestungsanlage (Fortifikation) seit 1658 mußte die Linden-Allee im Osten wieder verkürzt werden. Der verbliebene Teil zwischen Hundebrücke und Wallanlage etwa in Höhe der Neuen Wache lag nun innerhalb der Fortifikation und kam zur seit 1662 bestehenden neuen Stadt FriedrichswerderFriedrichswerder. Jedoch auch außerhalb der Festungswerke wurde die Bebauung fortgesetzt. Nördlich der Linden entstand die DorotheenstadtDorotheenstadt (1674). Immer mehr erwiesen sich die militärtechnisch überholten Wallanlagen als Hemmnis der weiteren Bebauung der Linden-Allee zur höfischen Esplanade nach Osten (Richtung Lustgarten/MuseumsinselLustgarten/Museumsinsel) und Westen. Bereits um 1690 muß die Abtragung der Fortifikation zur Verwirklichung der weiteren Linden-Pläne erwogen worden sein, denn fast gleichzeitig waren nebeneinander, nur durch die Festungsanlage getrennt, zwei bedeutende Bauwerke entstanden: "innerhalb" das ZeughausZeughaus (dessen Fertigstellung sich allerdings bis 1733 hinzog) und "außerhalb" der Neue Marstall auf dem Gelände der heutigen Staatsbibliothek. Um 1734 wurde die Straße U. im Zuge der Erweiterung der FriedrichstadtFriedrichstadt nach Westen bis zur Wilhelmstraße verlängert. Sie fand nun ihren Abschluß am Quarré, dem späteren Pariser Platz und am alten Brandenburger
        TorBrandenburger Tor, an dessen Stelle 1791 das neue repräsentative Stadttor der AkzisemauerAkzisemauer trat.

Nach dem Schleifen der Festungswerke erfolgte unter König Friedrich II. Friedrich II.(1712-1786, Kg. ab 1740) der Ausbau der Linden zur königlichen Pracht- und Repräsentationsstraße. Damit wurden neue Akzente im Stadtbild gesetzt, die bis heute prägend für die Metropole sind. Zusammen mit seinem Architekten Knobelsdorff Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff Knobelsdorff(1699-1753) hatte Kronrinz Friedrich in Rheinsberg seit 1735 eine zentrale repräsentative Platzanlage der Residenz mit einem neuen Königsschloß (Stadtpalais) geplant: das Lindenforum oder Forum Lindenforum Fridericianum im Bereich des Opernplatzes Opernplatz und heutigen Bebelplatzes, zwischen Staatsoper und Alter Alte Bibliothek Bibliothek Kommode gelegen. Städtebaulich fungiert es "als ein Bindeglied zwischen den Stadtteilen Friedrichswerder und Dorotheenstadt" und "ist mit seinen Bauwerken ein architektonischer Glanzpunkt im Berlin des 18. Jh." (SPITZER, H./ZIMM, A. 1987/30). Von den Linden als der Hauptstraße Berlins sollten weitere Hauptstraßenachsen ausgehen und ein Forum mit mehreren Prachtbauten und einem neuen Stadtschloß auf dem Terrain der heutigen Humboldt-Universität entstehen. Von diesem grandiosen Projekt kamen nur Teile und meist verändert zur Ausführung, denn Berlin verlor nach Fertigstellung von Schloß Sanssousi (1747) als Residenz für Friedrich II. an Bedeutung, der kostspielige Siebenjährige Krieg tat ein übriges.

Der einzige original ausgeführte Bau am geplanten Forum Fridericianum ist das Königliche Opernhaus, die heutige Deutsche Bebelplatz Staatsoper Unter den Linden . Das 1741-1743 von Knobelsdorff erbaute Opern- und Festhaus (Voreinweihung Dezember 1742) war das erste frei stehende, vom Schloß gelöste Theater in Deutschland und Frankreich. 1788 modernisierte Carl Gotthard Langhans d.Ä. Langhans(1732-1808) das Innere des Operhauses; sein Sohn Carl Ferdinand Langhans d.J. (1781-1869) baute die Oper nach einem Brand 1843/44 wieder auf und gestaltete ihr Inneres spätklassizistisch um. Im II. Weltkrieg erheblich zerstört, erfolgte 1952-1955 der Wiederaufbau nach Entwurf von Richard Paulick Paulick(1903-1979) unter weitgehender Erhaltung des Äußeren. Zweiter Bau des sich an antiken Formen orientierenden verkleinerten Lindenforums ist die nach Skizzen Friedrichs II. und einem Entwurf aus Knobelsdorffs Atelier von Johann Boumann d.Ä. Boumann(1706-1776) auf dem Gelände der früheren Bastion 2 der Festungsanlage
        (Fortifikation)Festungsanlage (Fortifikation) errichteten Hedwigskirche an der Südostecke des heutigen Bebelplatzes Bebelplatz, deren Grundsteinlegung im Juli 1747 erfolgte, jedoch erst nach Verzögerungen 1773-1778 zuende geführt wurde.

Dritter Prachtbau des Lindenforums ist das anstelle des geplanten Königsschlosses auf der Nordseite der Linden 1748-1753 von J. Boumann d.Ä. ausgeführte Palais Palais Prinz Heinrich Prinz Heinrich Prinz Heinrich, in dem 1810 die Berliner Universität gegründet wurde und sich heute die Humboldt-Universität befindet. Schließlich wurde als letztes Gebäude des Forums die 1775-1780 von Georg Friedrich Boumann d.J. (1737-1807) an der Westseite des heutigen Bebelplatzes die Königliche (oder Alte) Bibliothek ("Kommode Kommode") errichtet, der eine Kopie der Wiener Hofburg zugrunde liegt und deren Innenaustattung von Carl von Gontard Gontard(1731-1791) stammt.

War die Straße Unter den Linden ursprünglich in ihrem östlichen Teil durch höfische Bauten und Palais sowie Einrichtungen des Militärs bestimmt, so wurde ihr westlicher Teil, insbesondere seine Nordseite, durch drei- bis fünfachsige, zum Teil auf Staatskosten errichtete Bürgerhäuser mit prächtigen Fassaden (nach Abriß von 44 niedrigen Vorgängergebäuden) geprägt. Im 19. Jh. wandelte sich die Magistrale, deren mit Bänken bestandenen Kiesweg in der Mitte zum Promenieren einlud, endgültig zu einer vom Bürgertum geprägten Wohn- und Repräsentationsstraße, die 1826 als erste Berliner Straße Gasbeleuchtung erhielt.

Zu ihrem Weltruf trugen neben den alten königlichen Bauten (ZeughausZeughaus und Bauten des Forum Fridericianum sowie Kronprinzenpalais, Prinzessinnenpalais und Altes Palais) und den klassizistischen Bauten Karl Friedrich Schinkels Schinkel(1781-1841) wie die Neue Wache Neue Wache(1816-1818) und die SchloßbrückeSchloßbrücke (1821-1824) auch die im 19. Jh. entstandenen Salons, Hotels, Luxusläden, Konditoreien, Weinstuben sowie die im späten 19. und frühen 20. Jh. angesiedelten Banken und Versicherungen mit ihren Neubauten bei. [noch nicht in der 3. Auflage: 1937 wurde der "Platz vor dem Opernhaus" und der "Platz vor dem Zeughaus" in die Straße U. mit entsprechender Nummerierung einbezogen.] Zwischen 1962 und 1966 entstanden - entsprechend dem Repräsentationsbedürfnis der DDR - bei Einhaltung des historischen "Lindenstatuts" (das eine Traufhöhe von 22 m festlegt) einige neue Gebäude an der Straße U. (Ministerien für Volksbildung und Außenhandel, zwei Botschaftsgebäude, Lindencorso Verweis, Hotel "Unter den Linden", Appartementhaus, Funktionsgebäude der Komischen Oper). Nach der Vereinigung mußten einige dieser Gebäude neuen Bauten mit neuen Zweckbestimmungen weichen. Von 1997 bis 1999 sollte die traditionsreiche Prachtstraße mit einem Kostenaufwand von rund 10 Mill. Mark zu einem neuen "attraktiven Hauptstadtboulevard" umgestaltet werden. Dabei wird der Gehweg auf der Nordseite von sieben auf 9,85 m, der südliche von acht auf 10,85 m verbreitert; geschädigte Bäume werden durch neue ersetzt; für Straßencafés und Flaneure wird mehr Platz geschaffen; unter dem Bebelplatz Bebelplatz soll eine Tiefgarage entstehen.

MAX OSBORN (1870-1946), 1909: PREUSSISCHES ROKOKO

"Aber wie der große König selbst trotz allen französischen Neigungen und Vorteilen in seiner Persönlichkeit der glorreichste Repräsentant preußischen Wesens wurde, so glich sich auch die Kunst, die er aus der Ferne herbeirief, dem Wesen seiner Hauptstadt ohne weiteres an. Die glänzendsten Taten gelangen dem preußischen Rokoko freilich nicht in Berlin selbst, sondern im benachbarten Potsdam, wo es weniger mit bestimmten Traditionen zu rechnen hatte. In Berlin erscheint es von vornherein in ganz bestimmter Weise gemildert, und dies reserviertere Rokoko ist es dann gewesen, das von den Staats- und Prachtbauten des Königs seinen Weg in die Bürgerhäuser nahm, wo es die Logik der organischen Entwicklung nicht mehr störte.
Diese glückliche Mischung von Schnörkelübermut und Besonnenheit, von dekorativer Lust und zurückhaltendem Ernst verdankt die Stadt vor allem dem genialen Helfer, der Friedrich zur Seite stand: Georg Wenzeslaus Knobelsdorff (1699-1753). Was fünfzig Jahre früher Schlüter gelungen war: französische und italienische Vorbilder so zu verwerten, daß die Resultate keinen Fremdkörper auf Berliner Boden bildeten, das erreichte jetzt Knobelsdorff mit der gleichen Sicherheit. Der neue Stil, den er predigte, hatte schon zu Lebzeiten Friedrich Wilhelms sein Haupt erhoben. Zwar nicht in Berlin, aber in Rheinsberg ..."

Quelle: Max Osborn: Berlin, Leipzig 1909, S. 163/164 u. 170

Quellen und weiterführende Literatur: Literaturquellen
Rumpf 1826/43-45; Zedlitz 1834/423-424; Ring 1883/94-109; Streckfuß 1886-II/811f.; Schwebel 1888-II/324f.; Osborn 1909/53-54; 163-195; Krieger 1923/99-260; Gottwald 1926/147-150; Rave 1941/42-46; Hagemann/Rave 1949/13; Kaeber 1962/258-259; Böhl 1964/26, 30, 36-39, 50; Lange 1967/97-98; Volk 1973/10-121;Bauer/Hühns 1980/85, 91-95, 117; Trost 1984-I/139-144, 150-179; Wolterstädt 1985/39, 55, 59; Ludewig 1986/144-145, 260-261; Demps 1987/48-49; Herrmann 1987/164-166, 179-180; Kieling 1987/74-77; Kunstdenkmäler 1987/102-103, 105-107, 109, 135-137; Schulz/Gräbner 1987/22-41; Spitzer/Zimm 1987/30-31; Schulz 1988/65-66; Pieper/Zeuchner 1990; Löschburg 1991/11f.; Baedeker 1992/384-393; Berlin Handbuch 1993/1273-1275; Engel, M. 1993; Dehio 1994/60-61, 76-81; Lindner 1994/24-25; Berlin-Visionen 1996/44-55; Berliner Zeitung v. 23. August 1996; Schneider 1997/7; Verwiebe 1997

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Stadtentwicklung